Selbstverstaendlich regnet es bereits morgens bevor ich ueberhaupt das Zelt verlasse. Kann mir bitte jemand ein Bild von der Sonne schicken? Meine Erinnerung an sie verblasst langsam.
Der Tag wird in seinem Verlaufe aber noch wesentlich besser und meine Laune damit auch. Ich treffe Tony aus Manchester, der bisher coolste Biker ueberhaupt. Sein Gefaehrt ist selbst zusammengeschweisst, sein Gepaeck in Folien verpackt mit Spanngurten ans Fahrrad geschnuerrt, als Staender benutzt er einen Stock und schlafen tut er auf nem Stueck Schaumstoff unter ner Plane. Aber das coolste: luftgepolsterter Sattel! Er hat nen Fahrradschlauch um den Sattel gewickelt, dafuer nen Ueberzug genaeht und dann aufgepumpt. Genial. Er ist 62 Jahre alt und wartet nur auf seinen 65 Geburtstag, damit er endlich richtig loslegen kann. Derzeit muss er 6 Monate im Jahr in der UK verbringen, um seinen Rentenanspruch nicht zu verlieren. Er erzaehlt von 5 Monaten Indienradtour und nem Trip in Kenia, bei dem er mit Machete und Pistole ueberfallen wurde. Bis aufs letzte Hemd ausgeraubt 11 Stunden gefesselt im Wald gelegen. Wir filosofieren mehr als ne Stunde. Hochgradig interessant, da wir uns was die Probleme dieser Welt und Hauptursachen dafuer sehr einig sind, sich unsere Loesungsansaetze aber radikal unterscheiden.
Nach Tony kommen mir noch Schwaerme anderer Radler entgegen, es ist, als ob das erste bisschen Sonnenschein seit Wochen sie alle aus ihren Loechern geholt haette. Unter ihnen die ersten beiden beladenen Liegeradler, die ich sehe.
Halleluja! Sonnenschein! Ich fang sogar wieder an zu fotografieren - in dem Scheisswetter hab ich das trotz schoener Landschaften fast gaenzlich seingelassen. Die Faehre nach Nordirland, die ich urpsruenglich nehmen wollte, verkehrt wegen Unrentabilitaet schon seit mehr als 3 Jahren nicht mehr - weshalb sie dann noch auf meiner aktuellen Karte eingezeichnet ist weiss der Geier. Also nehme ich erstmal 2 Faehren und fahre ueber die Insel Arran (schoen!) aufs schottische Mainland. Da komme ich aber Glasgow zu nahe.
Warum muessen Staedte eigentlich jedesmal selbst die schlimmsten Vorurteile, die ich gegen sie hege, noch ueberbieten?! Ich fuehle mich wie ein gejagt, gehetztes Tier auf meinem Spiessroutenlauf von einer poebelnden Jugendgang zur naechsten. Man stellt mir Beinchen, versperrt den Weg, bruellt mir hinterher, will mir mein Kopftuch vom Haupt zerren und schmeisst Gegenstaende nach mir. Der Radweg ist neben einer vierpurigen Strasse zwischen Leitplanke und Zaun eingeklemmt und streckenweise so schmal, dass ich mit meinen Packtaschen steckenbleibe. Natuerlich bedient er beide Fahrtrichtungen und bei Gegenverkehr muss einer mit Rad auf die Strasse klettern. Da fallen die Dornenranken quer ueber den Weg kaum ins Gewicht. Das coolste ist aber eine rechtwinklig abknickende Kurve, geradeaus fuehrt eine steile Treppe direkt in nen See. Wuerd gerne wissen, wieviele da schon runtergeduest sind.
Ich fahre zwei Campingplaetze an, beide sind Caravans only, no tents. Mein Tacho ist wieder hinueber. Durch bewoelkt sternenlos stockdunkle Nacht suche ich mir meinen Weg ueber Felder und durch Waelder. Ich seh die Hand vor Augen nicht, da ist das Finden eines geeigneten Zeltplatzes schwierig, also fahre ich noch 30km bis zum naechsten offiziellen. Um 0130 Uhr darf ich endlich crashen.
Next Entry
No comments:
Post a Comment