2004-06-30

Norway

Seit drei Tagen bluehen auch hier die Blumen ;-)

Ich stelle fest, man kann die nutzbare Zeit des Tages extrem verlaengern, wenn man nur die Pausen aus dem Programm nimmt - und so fahr ich denn 70km ohne Stop bevor meine Blase meint ich solle anhalten. Zudem zeigt sich in dem Moment die Sonne das erste Mal heute - und das ist schon einen Asbach Uralt wert... aeh, ein bisschen rumliegen meine ich natuerlich ;-)

Wenig special events heute, dafuer recht gutes, windstilles Wetter und so komme ich auf fast 7 Sattelstunden und 132 Tageskilometer. Hab mich schon oefter gefragt, ob im Zweifelsfall jemand die Sicherheitseinrichtungen der Faehren zu bedienen wuesste. Die Frage hat sich wohl noch jemand gestellt und so lagen in der Faehre nach Trondheim Rettungswesten in der Kinderspielecke. Die Kinder fanden es geil und lernen noch was sinnvolles. An nem Tankautomaten unterhalte ich mich ne Weile mit nem Fischer. Er hat nen Verwandten in Hamburg, der 14 (!) Sprachen spricht.

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2004-06-29

Norway

Gewohntes Bild, ich liege bis mittags im Zelt, es regnet immer noch. Ich packe nass zusammen, fahre aber nur bis zur Bibliothek. Dort sitze ich von 1300 bis 1900Uhr am Rechner und schreibe mein Journal / lese mails. Als mich die Bibleothekarin zum Feierabend rauswerfen will kommen wir ins Gespraech. Sie hat mit ihrem Mann, der Botschafter ist, viele Jahre in verschiedenen Laendern Afrikas gelebt und ist dort oft mit dem Zelt gereist. Sie ist die erste, die mir uneingeschraebkt empfiehlt unbedingt dorthin zu reisen. Die normale Reaktion der Leute ist Skepsis und "da wirst du ausgeraubt", "gefaehrliche Tiere", "Krankheiten", "Hitze", "Buergerkriege"... But just listening to the old ladies' dreamy voice and seeing her eyes drift away, glancing into the far distance, makes you want to teleport to Africa instantly. She obviously loves it and that is very encouraging.

Um den Tag km technisch nicht voellig umsonst gestartet zu haben fahre ich bis Mitternacht noch mal eben 80. Allerdings bringt mich das diesmal in kleinere Schwierigkeiten - die Landschaft hat sich sehr zu meinem Nachteil veraendert, es ist nicht mehr so schroff bergig und vor allem gibt es nicht mehr so viele Wasserlaeufe fuer Trinkwasser. Die wenigen, die noch da sind, sind durch das heutige Guellefahren der Landwirte voellig verseucht. Ich finde endlich Wasser, aber von sehr zweifelhafter Qualitaet und nutze es nur zum Kochen. Was auch wieder mal ein Riesenspass ist, weil der Kocher streikt. So russ ich denn meinen frisch geduschten Astralkoerper und frisch gewaschenen Klamotten ein und alles stinkt nach Benzin. Das ganze waehrend es nieselt und mich Wolken von no-see-ems (kleine fliegende Viecher, die sich in die Haut graben und Jucken) umschwaermt werde, die mich halb wahnisnnig machen (ich benutze keinerlei chemisches Abwehrzeugs). Bis ich endlich gegessen habe und in mein vom nassen Einpacken ueberall pitschnasses Zelt klettere ist es fast 0200Uhr.

Der Kocher geht mir echt aufn Sack. Das einzige, was mit so einem Benziner schiefgehen kann sind Verstopfungen durch unsaubere Verbrennung, Russ. Die Druckpumpe ist ok, die Duese ist sauber, also bleibt nur die Zuleitung und die kann ich weder vernuenftig reinigen noch kontrollieren. Und jeder fehlgeschlagene Zuendversuch russt das Teil erneut zu und ich muss es wieder komplett zerlegen - frustrierende Sauerei. Aber Benzin ist der einzige Brennstoff, den man wirklich ueberall bekommt und wenn er funktioniert kocht ein Topf Wasser auch doppelt so schnell wie bei einem Gaskocher. Also gibt es nicht wirklich eine Alternative. Andere Radfahrer hatten ein halbes Dutzend Gaskartuschen an Bord. Oder noch besser, die Motorradfahrer, die kein Brot mehr einpacken konnten, weil sie 5l Kanister Spezialbrennstoff fuer ihre Lampen dabeihatten - es wird hier aber niemals dunkel! Die Kollegen haben sich ueber ihre eigene Dummheit schwarz geaergert.

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2004-06-28

Norway

I've seen a graffitti which read: "Millions now living will never die" ... I wonder... if it was true, aren't we obliged to create memories worthy of immortality right now? Instead of all that terrorism, poverty, pollution, war bullshit?

Ich treff den ersten Biker aus Italien und quatsch ne Weile mit ihm. Er will auch irgendwann die Donau fahren und hat ne Menge Fragen. An nem Rastplatz hol ich Frank und Margaret wieder ein und lerne diesmal auch ihre Freunde in dem zweiten Camper kennen. Bin jetzt Teil eines weiteren Urlaubsvideos und habe Adressen in England - koennte bald nuetzlich werden. Ausserdem Preise und Zeiten der Faehre nach Newcastle.

Ein Schild erzaehlt mir, dass ich mich in der Gegend mit der saubersten Luft Europas befinde - so richtig geniessen kann ich das aber nicht, weil mir eben diese Luft gerade in Sturmboeen entgegenkommt. Also den Tag frueh beenden und auf dem Camping Platz Waesche waschen. Nix leichter als das. Denkste. Erst find ich die Waschmaschine nicht, da sie in der Frauendusche (jaja) versteckt ist. Dann bitte ich meine deutschen Nachbarn um Waschpulver, kein Problem, bekomme ich sofort, aber gehen laesst sie mich nicht wieder. In ihren Redeschwall kann ich nicht einmal ein "ja","hmm hmm", oder "oh" einfuegen. Als dann auch noch ihr Mann vom Angeln wiederkommt, und eine Anglerweisheit nach der anderen beisteuert, ist alles verloren. Dann faengt es an zu giessen und es gibt keinen Trockner - herzlichen Glueckwunsch! Dafuer aber wieder nen fantastischen Regenbogen.

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2004-06-27

Norway

Auf der ersten Faehre treffe ich ein deutsches Radfahrerpaerchen, die sind aber richtiggehend unfreundlich und von der "leave me alone" Faktion. Trotz allem sind wir Radreisenden immer noch zu wenige, als das wir einen repraesentativen Querschnitt durch die Gesellschaft bilden wuerden und so sind alle irgendwie exotische Unikate. Dennoch gibt es in meinen Augen wenigstens drei Kategorien, denen alle mehr oder weniger angehoeren: Die "Equipment Fetischisten". Fuer die ist die Ausruestung bereits mehr als die halbe Tour und bevor sie einen Blick auf dich werfen checken sie dein Fahrrad. Einem solchen bin ich mal begegnet und er bemitleidete mich wegen meines no-name bikes - bis er dann herausfand, dass meines von derselben Firma wie sein eigenes und sogar der grosse Bruder davon war. Ich habe nur alle Logos abgeknibbelt. Peinlich. Dann gibt es die "Sportler". Fuer sie zaehlt nur wieviele km heute und wieviel km/h? Mit solchen ist es schwierig ins Gespraech zu kommen, da sie bestenfalls gruessen und dann mit angestrengt verkniffenem Gesicht weitermalochen - gabs heute 4 von in Gegenrichtung. Und zuletzt gibt es die "leave me alones". Diese halten sich mit ihrer Radreise und Route fuer etwas ganz besonderes und jeder weitere Radfahrer schmaelert also den Ruhm und die Einzigartigkeit, besonders wenn, Gott bewahre!, der andere schon weiter herumgekommen ist. Diese haetten dich am liebsten gar nicht gesehen. Aber egal, im grossen und ganzen sind alle ueberaus korrekt und ich freu mich in jedem weiteren Radler einen Auofahrer weniger zu sehen.

Die beiden heute versaege ich dann also besser ganz schnell, nur leider steht 17km spaeter die naechste Faehre an, die ich um eine Minute verpasse, so dass die beiden wieder aufholen. So wie sie ihre Kette von einem Gang in den naechsten bricht muss ich mir aber wohl keine Gedanken machen die noch einmal zu treffen - lange ueberlebt das keine Schaltung. Ich vertue mich etwas und erwarte nach dieser zweiten Faehre die dritte hinter jeden Kurve. Ich hatte aber den Plan falsch im Kopf, und so fahre ich 62km mit nem 23km/h Schnitt ohne ein einziges Mal anzuhalten, bis ich endlich tatsaechlich den naechsten Anleger erreiche. Lohn der Muehe ist perfektes Timing aufs Schiff und der voellig entgeistert, unglaeubige Blick zweier Motorradfahrer, die ich auf der letzten Faehre schon traf, und die mich hier noch nicht erwartet haetten.

Nach der Ueberfahrt wird die Landschaft und das Wetter noch einmal wunderschoen - nicht mehr das offene Meer, sondern verschlungene steile Taeler, teils mit Suess, teils mit Salzwasser gefuellt. BTW: Wo ist Steuerbord bei einer Faehre, die symmetrisch ist, in beide Richtungen faehrt und waehrend der Ueberfahrt 3 mal an kleinen Inseln anlegt - jedesmal in anderer Ausrichtung, je nachdem ob gerade zu-oder entladen wird?

...Und wieder schaff ichs nicht frueh ins Bett - obwohl ich bereits um 2130Uhr fertig bin mit Lageraufbau und Essen. Der Grund? Margaret und Frank, ein Ehepaar aus Grossbritannien, die mit ihrem Camper hier sind und mit denen ich endlich mein Buch tauschen kann - und stundenlang zusammensitzen und quatschen. Frank war nach dem Krieg in Forschung mit elektromagnetischer Stealth Technik involviert und kann mir mehr ueber die Satellitenbilder und Luftaufnahmen erzaehlen, mit denen ich beruflich zu tun hatte, als ich ihm. Ausserdem touren die beiden schon seit Monaten und wir Kurzurlauber haben uns immer was zu erzaehlen ;-)

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2004-06-26

Norway

Happy birthday BigT! Wollte ja eigentlich den Poststempel von heute bekommen, aber so wies aussieht stehen die Aktien schlecht dafuer.

Regnet die ganze Nacht und nieselt den ganzen Tag. Ich maloch mich eine Steigung hoch und vom markierten Aussichtspunkt aus kann ich ca 20m weit in die Wolken gucken. Ueber einen Fluss trainieren norwegische Pfadfinder ab- und ueberseilen. Die Teilnehmer sind 7-10Jahre alt.

In einer Bushaltestelle macht ein aelteres Radfahrerpaerchen aus den Niederlanden Rast. Sie laden mich auf Schnitten mit selbstgemachter Marmelade ein (much appreciated! Ich hab kein Geld mehr, der naechste Automat ist noch ewig weit weg und die Geschaefte am Samstag eh schon alle geschlossen) und wir unterhalten uns nett fuern Stuendchen.

Merke: Bei Serpentinenabfahrten die Geschwindigkeitsbegrenzung fuer Autos hoechstens um 20km/h ueberschreiten, auf nasser Strasse 10km/h. Sonst schleifen die lowrider Taschen auf der Strasse und man ragt mit dem Oberkoerper in die Gegenfahrbahn.

Vom Tal aus kann ich zugucken, wie sich Nebelschwaden langsam die Felsen herunterschieben, sieht geil aus und erinnert mich an diesen Verhuellungskuenstler. Ich fahr ueber eine riesige Haengebruecke (die erste, fuer die die Norweger von Motoristen Geld verlangen). Das besondere ist, dass sie nicht wie erwartet ueber den Fjord fuehrt, sondern mitten drin im Wasser endet - bzw auf einem Deich, der rechtwinklig abknickt. Sehr abgefahren das.

Neben der Strasse steht ein Elch auf der Wiese und rennt los, als er mich kommen sieht - vor mir her auf der Strasse. Ich halte mit einer Hand die Kamera, mit der anderen meinen Papierkram, der aus der Lenkertasche wegzufliegen droht, lenke mit den Ellbogen und verfolge das Vieh. Leider komme ich nicht auf die Idee ein Video zu machen und so gelingen nur ein paar wakelige Schnappschuesse. Schade drum, ich haette gerne diesen Sumpflaeufer Gang der Elche eingefangen - der sieht zu albern aus. Der Kollege konnte uebrigens 34km/h rennen ohne sich grossartig anzustrengen - im Gegensatz zu mir. Die Verfolgung endet nach ca300m, als das Tier in die Garageneinfahrt eines Hauses entkommt.

Ein Freund der Familie in Canada hat uns in seinem Auto mal mit auf nen Huegel genommen und eine Geschichte von magnetischen Bergen erzaehlt. Dann an einer Steigung angehalten, Motor aus, Gang raus, und das Auto rollte bergauf. War natuerlich ne optische Taeuschung. Hier ist es aehnlich nur andersherum: es scheint bergab zu gehen, ich gewinne aber dauernd an Hoehe.

Die Tueren der Plumsklos funktionieren invers zu normalen Tueren: stehen sie offen ist jemand drin, sind sie geschlossen ist es frei. Grund: es gibt kein Licht und wenn man sehen will, wo man hinkackt muss die Tuer offenstehen ;-) Irgenwie ist hier alles invers - ich fahre ueber eine Kette von kleinen miteinander verbundenen Inseln. Sie sind von freilaufenden Schafen und Rindern komplett kahlgefressen - bis auf die eingezaeunten Weiden. Meine zweite Faehrueberfahrt des Tages verpasse ich und damit auch das letzte Schiff. Ich campe also direkt am Anleger.

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2004-06-25

Norway

Holy shit! Das so ein Schoenwettertag in eine dermassen infernalische Furie von Sturm degenerieren kann haette ich nicht erwartet. Beim naechtlichen Pissen (mit dem Wind!) erreicht kein Tropfen den Boden - alles wird in einen feinen Nebel zerstaeubt... Meinen Nachbarn hats gerade das Zelt zerlegt. Die versuchen zu dritt die flatternden Reste festzuhalten und ins Auto zu bergen - mitten in der Nacht - arme Saeue.

Ich kann sie mir richtig vorstellen: gehaessige, kleine, graue Maennchen in ihrer Wetterstation, die aussieht wie Houston Mission Control. Ploetzlich ertoent eine Sirene, das Rotlicht springt an und eine Stimme plaerrt ueber Lautsprecher: "Achtung, Achtung! Alarmstufe rot! Der Radfahrer freut sich ueber gutes Wetter. Sofort Abfangstuerme entgegenschicken und den Regenbeschuss wieder aufnehmen!" Kurz darauf peitscht es gegen mein Zelt, das mitterlweile auch fast wegfliegt... (hab n nettes Video davon gemacht ;-) )

So, den Tunnel hatte ich jetzt auch ueberlebt. Ohne das Gaswarnungsschild waer es nicht halb so spannend gewesen, aber so heize ich mit nem fast 30er Schnitt dadurch und brauche nur ne knappe 1/4 Stunde fuer die 7600m. Ich bilde mir ein einen leichten Druck auf der Lunge zu spueren und Kopfschmerzen zu bekommen, aber nach Abgasen stinken so Tunnel immer und ich vermute eher, dass Aufregung und Anstrengung verantwortlich sind. Die Tunnel hier sind aus dem rauhen Fels gebohrt und gesprengt, sehen also fast wie wilde Naturhoehlen statt Betonroehren aus. Sie sind schwach daemmrig gelb beleuchtet, aber die Lampen sind immer wieder ausgefallen, so dass man hunderte Meter durch pechschwarze Finsternis faehrt. Eigentlich kein Problem, wenn nicht das Tropfwasser immer mal wieder grosse Loecher in den Asphalt gegraben haette. Zwischendurch hoert man das Rauschen und Gluckern unterirdischer Wasserlaeufe, die auf eine in den Tunnel gespannte Plane prasseln und seitlich abfliessen.

Ich veranstalte ne James Bond maessige Raid auf die boesen kleinen Wettermaennchen und erschiesse sie alle. Also komm ich aus dem Berg zu Sonnenschein und Rueckenwind in einen wunderschoenen Fjord, ueber dessen Bergruecken immer wieder Stuecke des Gletschers hinausragen. Lustiges Faehrenhoppeln geht los: ein Schwung Autos, dann hab ich wieder 30km Strasse fuer mich allein. Ein paar Fahrer treff ich an jeder Faehre wieder und das macht schon fast den Eindruck einer Gruppenreise. Rockclimbers Paradise hier - eigentlich muesste ich ununterbrochen ne Camera mitlaufen lassen statt nur Fotos zu machen. But then again, in a way I'm doing just that. I doubt I'll ever forget the sights here.

Ist das geil in einem Land zu sein, das so voller Energie ist: Gezeitenstroeme, Brandung, Wasserfaelle, Stuerme,... aber auch die Landschaft selbst ist so brutal und wild gebrochen aus Felsen - das ist Kraft. Ich denke viel ueber den Entwurf autarker Haeuser nach. Hier machen sies fast standardmaessig: du brauchst fliessend Wasser? Installier nen Schlauch in den Wasserfall hinterm Haus. Strom? Pack nen Wasserfall komplett in die Roehre. Dazu grasgedeckte Daecher und rote Holzwaende und das Haus ist praktisch nicht existent. Korrekt! Rein in den naechsten Tunnel bei Regen, 3km spaeter raus in die Sonne. Faehre um 10min verpasst, also 2 Stunden chillen. Das wird meine Polarkreisueberquerung Richtung Sueden - diesmal also aufm Wasser. Ich beobachte die Unterhaltung der beiden, die hier arbeiten. Beide so 20-25 Jahre alt. Sie hip, trendy, sexy and knows it. Mit gut sichtbarem String unter weisser Hose. Er der ruhige, pummelige, schluffige Typ. Schlabbriges t-shirt und kaum Koerperspannung. Die Interaktion spricht Baende. Manche Dinge sind wohl immer gleich, egal welches Land oder welche Sprache...

Ich komm von der Faehre als ich aus nem fahrenden Campingbulli das Angebot bekomme samt Fahrrad n Stueckchen mitgenommen zu werden. Ich lehne selbstredend dankend ab. Zwei Stunden spaeter steht derselbe Bulli am Strassenrand und ich bin zum Essen und Rotwein (eigenhaendig aus Portugal angekarrt) eingeladen. Wolfgang ist evangelischer Priester aus Muenster und hervorragender Gespraechspartner. So filosofieren wir denn ein paar gemuetliche Stuendchen. Zwischendrin kommt ein weiterer Wolfgang auf dem Fahrrad die Steigung hochmalocht. Er hat in Berlin eine Firma (www.cs-video.de) und filmt ein Interview mit meinem Gastgeber und mir, welches er spaeter auf DvD produzieren und privat vertreiben will. Er hat news, was meine Norweger Verfolgungsjagd angeht: 100km und es sind nur noch die drei Maenner.

Ich fahr noch 30km (ja, es wird wieder spaet). Scheuche einen Fuchs auf, den ich diesmal fast auf Foto erwischt haette - scheue Viecher. Fahr drei km Tunnel und komm auf der anderen Seite in zauberhafte "Fjord Magic" wie es hier genannt wird. Ein Regenbogen von solcher Intensitaet, wie ich es vorher noch nie gesehen habe. Komplett von Boden zu Boden mit parallel verlaufendem, schwaecheren Zweitbogen. Danach huellen mich die Wolken ein und ich werde gruendlich nass - aber selbst das ist diesmal ein Erlebnis, da der Nebel durch die Mitternachtssonne fantastisch rosa-rot leuchtet. What a truly divine day!

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2004-06-24

Norway

Sommer!! Endlich. Nachts wunderschoen klar bei 7C, den ganzen Tag dann strahlender Sonnenschein bei deutlich ueber 20C. Ich fuehl mich nach Ronja Raeubertochters Fruehlingsschrei. Keine 3min nach meinem Start unterhalte ich mich mit einem Schweizer Biker, der am Strassenrand steht und zwei Elchen hinterherguckt. Danach fahr ich ins Paradies. Ich kann mir kaum vorstellen, wie die Landschaft hier noch zu toppen sein soll. Alle paar hundert Meter muss ich anhalten und Fotos machen. Oder neben einem Wasserfall die Felsen hoch oder runterklettern. Ganze Felswaende sind durch das herabrinnende Wasser so glatt und glaenzend, dass sie wie ein Spiegel den Himmel reflektieren.

Man hatte mich vor dieser "Touristenstrasse" (www.rv17.no) gewarnt, sie sei zu sehr mit Wohnmobilen befahren. Bisher stimmt das absolut nicht, eher im Gegenteil sind hier weniger von der Bande unterwegs als bisher. Ich glaube der Grund sind die vielen Faehren auf der Strecke: fuer mich sind die kostenlos oder sehr guenstig, die Strassenschlachtschiffe zahlen sich halb tot. Bsp die Ueberfahrt gestern: ich zahl 132NOK (1e = 8NOK), 2 Personen, Auto und Wohnwagen kostet ca 1700 NOK. In der Hinsicht mag ich die Norweger sehr, am Kapp wars aehnlich: motorisiert muss man 190NOK Eintritt zahlen und zweimal mehrere Hundert fuer die Tunneldurchfahrt. Eintritt in den "Royal North Cape Club" kostet noch einmal 25Euro. Fuer mich war das alles kostenlos (der Club nur mit ein bisschen betteln ;-) ) - so muss das! Fahrradfahrer an die Macht!

Zwei Jungs verticken am Strassenrand Eistee. Ich kaufe und teste ihr Schuldeutsch - sehr lustig das. Noch einmal zu Deutschen als Touristen: Ich bin schon oft fotografiert und gefilmt worden, meist werde ich hoeflich um Erlaubnis gebeten oder jemand filmt gerade die Bergkulisse und wenn ich vorbeikomme folgt die Kamera ploetzlich dem Fahrrad. Aber beim Warten auf die Faehre letztens war einer einfach zu dreist. Sagt nichts, packt seine Videokamera aus, rennt um mich herum und filmt von allen Seiten. Ziemlich scheiss unverschaemt dreist wuerd ich sagen. Wuerd mich interessieren was er davon hielte, wenn ich das mit ihm machen wuerde.

Ueber Wohnmobile haben die Norweger auch nichts gutes zu sagen. Fahren wie Idioten mit den Augen mehr in der Landschaft als auf dem Verkehr und bringen kaum Geld. Um Norwegens Preisen zu entgehen wird die Karre bis oben hin vollgebunkert und "in Norwegen hinterlassen die rollenden Supermaerkte nur ihre Scheisse". Sie sind auch der Grund, warum das skandinavische Jedermannsrecht, das unter anderem jedem das freie Campen auf Staatsgrund erlaubt, zunehmend eingeschraenkt wird. An Rastplaetzen (die meist hervorragend ausgestattet und schoen gelegen sind) stehen viersprachige Schilder, die den Aufenthalt zur Uebernachtung ausdruecklich verbieten. Davor parkt nicht einer, sondern gleich ein ganzes dutzend Wohnmobile, die den Hinweis stumpf ignorieren. Campingplaetze sind keine Campingplaetze mehr sondern Parkplaetze. Deprimierend irgendwie - hat denn alle Welt verlernt wie man ein Zelt aufstellt? ...

Meine Versuche mit anderen Reisenden mein Buch zu tauschen schlugen bisher alle fehl (keine Englisch-Muttersprachler gefunden) also will ich mir ein neues kaufen. Buchlaeden sind schon geschlossen, aber es ist eine Art Dorffest im Gange mit Flohmarkt. Die charmante junge lady versucht mich zu bequatschen doch auf norwegische Comics umzusteigen - ich koenne ja die Bilder "lesen" - nein danke ;-)

Irgendwie komisch, wie sich meine Perspektive veraendert. Zu Hause wurde ich bemitleidet oder bewundert (je nachdem) weil ich jeden Tag 30km Arbeitsweg mit dem Fahrrad zurueckgelegt habe - jetzt fahre ich dieselbe Strecke mit Gepaeck vor dem Fruehstueck. Die Laenge eines Tunnels entspricht der Distanz von Havixbeck nach Roxel und in der Roehre ueberwinde ich mehr Hoehenmeter als bei einer Rundreise durch die heimatliche Baum"berge". Und was ist schon der Dorftuempel nachdem man einmal an der Unendlichkeit des Atlantik gestanden hat?

Grmpf! Beschissenes Ende eines schoenen Tages: Ein Schild 7,6km Tunnel, Fahrraeder und Fussgaenger verboten, Gas im Tunnel. Ich werde nicht 25km Sackgasse und 5 Tunnelkilometer zurueckfahren deswegen. Entweder nimmt mich morgen jemand mit (mit Fahrrad und Gepaeck?!) oder ich fahr da rein - Motorradfahrer ueberleben das schliesslich auch irgendwie. .. Haha! Gerade schreib ich das, da kommt ein Auto zu dem Zelt neben mir (populaerer Wildcamp Spot wies scheint). Ein Norweger, der hier mit seinen Kindern zeltet - er gibt Entwarnung was den Tunnel angeht und meint der sei gut fahrbar. Aber... die Schweine sind hier zum Skifahren!!! Die waren bis gerade noch zur Mitternachtssonne auf dem BlackIce Glacier, der zweitgroesste Norwegens. Der ist direkt nebenan durch einen Tunnel erreichbar, der sei allerdings steil, unbeleuchtet und mit schlechtem Strassenbelag - ich solle da besser nicht rein. Skifahren im Juni, direkt vor der Haustuer - will auch!!!

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2004-06-23

Norway

Noch bevor ich mein Zelt abgebaut habe rauschen mehrere Gruppen Biker an mir vorbei. Ich geh noch Shoppen, dann ueberhol ich sie alle ;-) Die suedlichen Lofoten gefallen mir wieder besser, es regnet nicht und die Doerfchen sind auf die Felsen und Pfaehle im Wasser genestet. Bruecken sind einspurig und die Strasse gewunden an Klippen vorbei und ueber Daemme. Zwei Stunden warte ich gemeinsam mit nem norwegischen Biker Paerchen (alles Gepaeck in einem Kinderanhaenger) auf die Faehre.

Die Ueberfahrt dauert vier Stunden. An meinem Tisch werde ich von einer aelteren Dame angesprochen, die eine dieser Bustouren mitmacht. Bald beantworte ich nicht nur ihr, sondern gleich dem Nebentisch und einer stehenden Audienz die ganze Batterie Standard Fragen. Sie sind hoeflich und neugierig interessiert, aber ich komme mir trotzdem bloed vor. Wie eine von ihnen richtig bemerkt sei ich wie ein spannender Reisefuehrer - eine weitere Sehenswuerdigkeit auf der Tour.

Doch dann gesellt sich eien dazu, die mich durch ihre ruhige Ausstrahlung und ihren geraden Blick spontan beeindruckt. Sie stellt nicht die 08/15 Fragen, sondern die nach dem Kern der Sache, die Fragen, die ich nicht so leicht beantworten kann. Offenbar weiss sie wovon sie spricht. Ihre Tochter ist rucksackreisend durch Peru getingelt, sie selbst ist mit 25 im (nicht auf) Ruecksitz eines Wagens aus der DDR geflohen und hat 43 Jahre als Kindergaertnerin gearbeitet. Jetzt sucht sie bei mir den Mut und letzten Anstoss eine Trekking Tour in Nepal, die sie letztes Jahr ausschlug, doch noch zu machen. Sie haben mich beeindruckt Lady - eigentlich sollte ich mir bei Ihnen was abgucken und nicht andersherum!

Die Landung in Bodo ist ein kleiner Schock: es gibt mehrspurige Strassen, Laermschutzwaelle, haufenweise Ampeln (hatte wochenlang keine mehr) und alle paar km nen neuen Vorort. Ich ueberrasche zwei Jungs, als ich auf ihre Zurufe tatsaechlich anhalte. Sie spielen "football golf" - eine Art Minigolf, nur dass man den Parcours mit dem Fussball navigieren muss.

Eigentlich dachte ich, ich kaeme heute endlich mal wieder frueh ins Bett, aber als ich unter der Bruecke am maechtigsten Gezeitenstrom der Welt Schaulustiger spiele, treffe ich Holger und seine Frau wieder (die beiden vom 21ten). Wir geniessen also gemeinsam eine wunderschoene Mitternachtssonne waehrend vor uns das Wasser in grossen Strudeln vorbeigluckert. Vielleicht schaff ich es ja noch einmal sie in ihrem Auto mit Wohnwagen einzuholen - wir haben uns jedenfalls lose zu einer gemeinsamen Hoehlenbesichtigung verabredet. Holger angelt - isst aber keinen Fisch - alter Spinner! ;-)

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2004-06-22

Norway

Irgendwie komm ich mir langsam verarscht vor. Ich habe gestern trotz 1 Stunde Regen und Gegenwind als Schoenwettertag in Erinnerung. Heute ist wieder ein "normaler" Tag: es regnet 5 Stunden bevor ich das Zelt verlasse, dann fahre ich den ganzen Tag gegen die Boeen und abends noch einmal durch Regen. Von den "Alpen im Meer" hab ich rein gar nichts, da sie komplett in der grauen Bruehe verschwinden. Es gibt nur eine Strasse, und die ist deshalb rege befahren. Zudem hatte ich mir die Inseln irgendwie wilder vorgestellt, in der Realitaet ist jeder freie Platz bebaut. Der Eindruck gilt fuer Norwegens Fjorde aber allgemein. Das Land ist riesig und hat eine sehr geringe Einwohner pro Quadratkilometer Dichte, aber da es so wenig ebene Flaeche gibt wirken die Taeler und Fjorde doch recht voll. Naja, immerhin konnte ich mir nen guten Campspot finden - sogar mit Sandstrand. Hoffe bis morgen lichten sich die Wolken und ich kann auch die Bergkulisse dazu geniessen.

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2004-06-21

Norway

Das Ehepaar aus Kiel (vom Faehranleger gestern) holt mich wieder ein, da ich noch bis 1500Uhr im Zelt gelegen und das Buch vernichtet habe. Wir radeln ne Weile gemeinsam, aber es liegen wohl doch ein paar zu viele Jaehrchen zwischen uns und ich komme nicht so ganz auf ihre norddeutsch kuehle Art klar, so dass ich bald wieder allein weiterziehe.

An und auf der naechsten Faehre unterhalte ich mich mit einem deutschen Ehepaar, die mit nem Wohnmobil durch die Gegend cruisen. Sehr nett.

Wildcampen auf den Lofoten ist gar nicht so leicht, es gibt den Fjord, den Steilhang, die Sumpfwiese oder private Gaerten zur Auswahl. Ich finde ein Plaetzchen nahe nem Wasserfall. Was mich an "Lord of the Rings" denken laesst. Im Film haben sie dort eine Hoehle hinter nem Wasserfall als Versteck und unterhalten sich darin gemuetlich. Ein Wasserfall von der Groesse muesste aber ungefaehr die Lautstaerke eines endlos vorbeirauschenden Gueterzuges haben.

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2004-06-20

Norway

Wunderschoene Kueste. Schmale Strasse, links steile Berghaenge, rechts Klippe ins Meer. Wohnhaeuser sind teilweise auf Felsen im Wasser errichtet und nur ueber hoelzerne Haengebruecken zu erreichen. Im Inland nennt ein Schild den Familiennamen und deutet auf einen schmalen Trampelpfad - das Haus selbst ist nirgendwo zu sehen, versteckt in gruenen Haengen. Der fehlende Wind gestern war wohl lediglich ein Ausrutscher, heute blaest er mir wieder ins Gesicht. Eine Faehre faellt aus (Sommerfahrplan gilt erst ab morgen), weshalb ich mich einige Stunden mit Lesen in der Sonne und Unterhaltung mit einem ebenfalls wartenden deutschen Radfahrerpaerchen beschaeftige.

Die knapp zweistuendige Ueberfahrt auf dem kleinen Schiff ist recht amuesant: sobald wir den schuetzenden Fjord verlassen haben bekommt man einen kleinen Vorgeschmack vom Seegang auf dem offenen Atlantik. Aus dem Fenster sieht man in einem Moment nur Wasser, im naechsten nur Himmel. Auf Deck taumeln die Leute wie Betrunkene durch die Gegend. Jemand versucht volle Kaffeetassen eine Treppe hochzutragen und kommt oben mit leeren an. Kein Wunder, dass unsere Fahrraeder gut vertaeut wurden. Auf der Insel sind die Daecher einiger Haeuser zusaetzlich mit Drahtseilen zum Boden abgespannt und gesichert - scheinbar war alles, was ich bisher erlebt habe lediglich eine leichte Brise.

Norwegen ist nach Luxemburg das reichste Land Europas und Oslo die teuerste Stadt der Welt - deswegen schmilzt meine Kohle also so dahin... hmm...

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2004-06-19

Norway

Der schwedische Biker Hikan (= Koenig) kommt mir entgegen. Ich bekomme das zweite mal heute Informationen zum Standort der vier Norweger - einholen werde ich sie wohl nicht mehr, zumal ich auf mehrfache dringende Empfehlung nun nicht nur ueber die Lofoten sondern auch Norwegens groesste Insel Senja und die Vesteralen fahren werde. Hikan ist voll meine Wellenlaenge und so quatschen wir denn lange ueber den Winter hier (ich will!), Berge, Hiken, Skifahren, Canada... Vielleicht klappt ja wirklich mal ne gemeinsame Skitour in Schweden. Until then - have fun!

Das Wetter ist hervorragend und die Strecke ueber Senja wirklich lohnend. Ich hab nur wenig Gegenwind, meist liegt das Wasser spiegelglatt und ruhig da, und so fahre ich 130km mit nem Schnitt von 21km/h. Ich bin trotzdem erst spaet abends im Zelt, weil ich festgestellt habe, dass selbst die kleinsten Zeitschriftenlaeden englische Buecher fuehren - und mit Buch an Bord dauern meine Pausen ploetzlich wesentlich laenger. So hab ich mir denn selbst die Regel gesetzt nur ein Kapitel pro Rast zu lesen - dumm nur, dass das Buch 700Seiten aber nur eine Handvoll Kapitel hat - also darf nur alle 30-40km angehalten werden ;-)

Einen Stop mache ich bei nem grossen Sportfest. Kinderfussball mit mehreren hundert (spaeter erzaehlt mir jemand 3000!) Teilnehmern, die alle dort zelten. Angenehme Stimmung. Ich fahre den ganzen Tag in t-shirt und bin deshalb etwas ueberrascht, als mir bei der letzten Abfahrt fast die Finger einfrieren. Trotz Mitternachtssonne zeigt mein Tacho nur 3C....

Merke: Nachdem man gerade eben noch in sein Journal geschrieben hat wie kalt es ist sollte man nicht anschliessend barfuss im nassen Sumpfmoos herumlaufen und Fotos machen - brrr ;-)

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2004-06-18

Norway

Bloeder Tag. Ich verpasse meine Faehre, lass meine Kekse an der Kasse liegen, es regnet die ganze Zeit ueber in kuerzen Schauern und ich seh die Sonne nicht ein einziges Mal. Aber vor allem hab ich weiterhin Gegenwind und so langsam zerrt der nicht mehr nur an meiner Kleidung sondern auch an meinen Nerven. Nach Polen, dem Baltikum und Finnland hatte ich mich wegen des Windes so gefreut endlich nach Sueden fahren zu koennen - und was ist?! Irgendwie fuehl ich mich beschissen. So langsam versteh ich warum einer der erfahreneren Radfahrer sein Buch "Der Wind weht immer von vorn" genannt hat. Ich fuehl mich durch die vielen Fahnen in den Gaerten der Norweger regelrecht verspottet - alle flattern in meine Richtung.

Die Berge sind weiterhin beeindruckend, obwohl sie sich auch weiterhin obenrum mit undurchdringlichen Wolken verhuellen. Ich beende den Tag frueh auf einem kleinen Campingplatz und will Duschen und Waesche waschen um wenigstens ein bisschen produktiv gewesen zu sein. Der Platz ist voll mit niederlaendischen Wohnmobilen und die Karte in der Rezeption, wo Besucher eine Nadel in ihren Herkunftsort stecken koennen, zeigt nur Holland. Hmm...

Im Waschraum spielt eine schrecklich leiernde Kassette schrecklich leiernde deutsche Schlager. Ich sitz halb nackt auf nem Stuhl und schneide mir mit dem Taschenmesser Bart und Naegel. Ploetzlich bin ich von ner Gruppe aelterer Niederlaender umringt und gebe eine Audienz: "Ist das der Fietser?" "Ja, Fietser mit Bart! Den hab ich schon am Kapp gesehen!" Voellig surreale Situation. Einer von ihnen laeuft morgen einen Marathon in Tromso mit.

Viele beeindruckende Wasserfaelle gesehen heute. So einen haette ich auch gerne in der Naehe. Wobei ich die Massnahme eines Norwegers doch uebertrieben fand, der sein Haus brueckenartig ueber die Stromschnellen eines Baches gebaut hat. Imagine that: erst kann man wegen des Rauschens nicht schlafen, nach Jahren der Gewoehnung dann nicht mehr ohne...

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2004-06-17

Norway

Nach einem kompletten Tag im Zelt regnet und stuermt es immer noch ununterbrochen und nur mit wenig geringerer Intensitaet. Hilft nichts, ich muss los wenn ich hier nicht verhungern will... 13km und 450hm spaeter steh ich endlich auf der Passhoehe - oder zumindest was ich dafuer halte. Die Sicht betraegt ungefaehr 50m, ich bin bis auf die Knochen durchnaesst, 3 mal voll gegen die Leitplanke geblasen worden (gut, dass die da ist! es geht ganz schoen steil runter) und es ist ganze 3C warm.

Aber es gibt eine Huette, in der ich erstmal gruendlich mein Budget sprenge mit Lachssuppe, Broetchen und Kuchen. Dummerweise wird zur Halbzeit ne ganze Busladung Touristen ausgekotzt und nervt gruendlich: "Huch, schau mal AnneLise! Ein Elch!" zum Elch an der Wand. Und der Reisefuehrer bruellt dazwischen wie ein Kindergaertner oder ein Schafhirte. Ich mag meine Landsleute als Reisende nicht. Man kann doch nicht in ein Lokal gehen und als erstes lauthals verkuenden es sei ja schrecklich, dass ueberall diese einheimische Musik gespielt wird. Und erwarten, dass der Gastgeber Deutsch spricht. Das ist ja oft genug der Fall (irgendwie scheinen alle Norweger Sprachgenies) aber man koennte diesen Luxus zumindest dankbar wuerdigen und nicht stumpf voraussetzen. Ts! Naja, sind ja nicht alle so... hoffe ich. Wobei ich auch schon mit Einheimischen gesprochen habe, die sich deutlich negativ ueber die Touristen und insbesondere Deutsche geaeussert haben...

Ab vor die Tuer und rein in den Sturm. Tief gebaeugt zum Fahrrad gegen den Wind faellt sogar das Atmen schwer. Ich fahre bergab, der Regen tut weh im Gesicht und die Baeche auf der Strasse scheinen mir bergauf entgegenzufliessen. Mir kommen zwei niederlaendische Fietsers mit Haengern entgegen - aber unter diesen Umstaenden faellt die Unterhaltung recht sparsam aus.

Im naechsten Fjord ist das Wetter schon deutlich ruhiger und angenehmer - ab ca 300m Hoehe sind die Berge mit Neuschnee ueberzuckert. Jemand erzaehlte mir wenn man Norwegens Kueste geradeziehen wuerde reichte sie einmal komplett um den Aequator. Nachdem ich jetzt schon mehrfach mein Ziel "wasserlinie" nur ein paar hundert Meter vor mir sah, aber noch etliche Kilometer bis dorthin fahren musste, glaub ich das problemlos.

Auf Schildern stehen manchmal zwei Entfernungsangaben fuer ein und denselben Ort: einmal Distanz mit Faehre abgekuerzt, einmal den Fjord umfahren. Der Unterschied ist teilweise mehr als 100km. Die Lofoten solle ich mir vorstellen "as if the Alps rose directly from the sea". Es ist hier schon monumental - schade, dass die Berge alle ab ca 400m Hoehe durch dichte Wolkendecke abgeschnitten sind.

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2004-06-16

Norway

Wie sagte der Kerl in Tourist Info zu der Frau aus Neuseeland: "If you wanna go to cape north do so now, the wheather is just gonna get worse over the next couple of days." Und wie!! Hoelle, so etwas hab ich noch nicht erlebt. Der Regen peitscht gegen das Zelt und der Sturm laesst es knattern und tanzen. Mein Schlafzimmer ist lebendig geworden, die Waende druecken sich mir entgegen und explodieren wieder nach aussen. Der Boden macht wellenartige Bewegungen und schmeisst meine Klamotten hin und her. Und es ist laut! Ueber das Prasseln, Heulen und Knattern ist kein anderes Geraeusch mehr wahrnehmbar. Es ist die Art Wetter, bei dem sie einen bei uns warnen vor die Tuer zu gehen wegen des Dachziegel und Holzgehaltes in der Luft. Fahrradfahren in diesem Inferno gegen den Sturm ist schlichtweg unmoeglich - so bleibe ich denn im Zelt, und hoffe, dass es nicht wegfliegt oder in Stuecke reisst.

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2004-06-15

Norway

Von wegen mal eben die Norweger einholen. Ich bin kaum gestartet, da explodiert mein Hinterrad. Der Mantel ist aufgerissen. Zuerst versuche ich noch lediglich nen neuen Schlauch einzuziehen, aber der platzt auch sofort. Also ins naechste Geschaeft, wo die freundliche Dame mich netterweise telefonieren laesst. Per Anhalter 40km zurueck und neuen Mantel und Schlauch kaufen. Wieder per Anhalter zu meinem Bike und Reparatur.

Die gesamte Aktion hat 3 Stunden gedauert und ich habe zwei sehr nette Autofahrer kennengelernt, von denen einer sogar Deutsch sprach. Jeder scheint hier oben Geschichten vom Krieg erzaehlen zu koennen und zu wissen, welches deutsche Schlachtschiff in welchem Fjord lag. Ausserdem erfahre ich, dass das Wetter selbst fuer norwegische Verhaeltnisse beschissen ist. Jetzt fahre ich also nen no name Mantel, mal gucken wie lange der haelt. Mit den Schwalbe Marathon XRs hatte ich kein Glueck, der erste hatte alle 800km nen Platten und der zweite ist mir wie gesagt gerade komplett quer aufgerissen - ohne dass eine Ursache erkennbar waere.

Autos fahren die hier teilweise... richtige amerikanische Monster. Es gibt den noerdlichsten American Car Club der Welt in Hoennigsvag, kurz vorm Kapp. Vor ein paar Tagen hab ich mich mit nem Pfeife rauchenden Norweger unterhalten, der mit nem ausrangierten Gelaendefahrzeug der Army durch die Gegend juckelt. Beim Einkaufen etc lassen die Einheimischen meist den Motor laufen - wohl ne Angewohnheit aus dem Winter. Apropos, einer der anderen Radreisenden hatte das Glueck fuer eine Nacht bei dem beruehmtesten norwegischen Musher (Hundeschlittenfuehrer) unterzukommen. Neid! Dessen Geschichten haette ich auch zu gern gehoert.

Damn it! Canada is in real danger of being dethroned on my personal list of most beautiful places on earth. Norway is awesome. Just when you are absolutely convinced it cannot possibly get any better you turn around a cliff into the next fjord and the new waterfall is even more stunning than the last, the view even more breathtaking and the mountains even more majestic. And I havent even reached the Lofoten yet, which even the locals think of as "nice" and "special".

Die locals sind sowieso erste Sahne, waehrend ich das hier schreibe quatscht mich noch einer an ;-) Alle nett hier und bei meinem kleinen Anhalterspielchen heute musste ich auch keine 5 Autos abwarten - und die vier vorher haben sich noch durch Gesten bei mir entschuldigt, dass ihr Ziel nur um die Ecke liegt und sie mich deshalb nich mitnehmen. Jemand hatte mir angeboten waehrend meiner Abwesenheit das Bike in seiner Garage aufzubewahren. Bei einem kleinen Palaver erfahre ich, dass hier in der Finnmark die Woelfe wieder angesiedelt wurden, Farmer und Rentierzuechter aber verstaendlicherweise weiterhin Jagd auf die Viecher machen. Bloeder Konflikt. Und schade drum, ich mag Woelfe. Auf nem Mitarbeiterwochenende mit 25 Teilnehmern sollte durch die Gruppe fuer jeden ein passendes Tier ausgesucht werden. Fuer mich standen ueberhaupt nur Wolf oder Baer zur Diskussion - hat mir irgendwie geschmeichelt ;-)

Ausserdem sagt man mir, dass es jeden Monat Neuschnee gibt, Sommer oder nicht, selbst auf fast-Meeresniveau. In den heissen Monaten dann halt nur Nachts und nicht liegen bleibend. Obwohl es den ganzen Tag ueber eine dichte, tiefhaengende Wolkendecke gab, regnet es erst, als ich schon im Zelt sitze und esse. Muss mein Glueckstag sein heute, sogar Rueckenwind hatte ich ;-)

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2004-06-14

Norway

Bis 12 hab ich noch Hoffnung, dass der Regen irgendwann aufhoert, dann starte ich trotz Naesse. Ich radel schon seit Wochen gegen den Wind, aber so etwas wie heute hab ich noch nie erlebt. Ich kann mich mit geoeffneter Jacke fallen lassen ohne auf dem Boden aufzuschlagen. Ich stell mich mit zwei norwegischen Bikern unter ein Dach, als es wieder schlimm wird mit dem Regen. Sie sind in Alta gestartet und haben mit Rueckenwind untrainiert und mit Gepaeck 2,5 Stunden fuer die 60km gebraucht. Ihr Ziel ist Hammerfest, wo der eine fuer Statoil arbeitet (groesste Oelgesellschaft hier oben mit 1900 Tanken allein in Skandinavien).

Spaeter treff ich noch nen deutschen Radfahrer, der mir unter anderem den gestrigen Standort der vier Norweger mitteilen kann, die ich bereits in Olderfjord getroffen hatte. Da fuhren wir noch in unterschiedliche Richtungen, mittlerweile war ich aber auch am Kapp und damit koennten wir zusammen radeln (2 von denen wollen nach Sizilien, die anderen nach Bergen, bzw Kristiansand). Ich habe 1-2Tage bzw 100-200km aufzuholen... na, mal sehen.

In Deutschland sind wir mit unserem grossen Trampolin im Garten etwas besonderes, hier zaehl ich allein bei der Einfahrt nach Alta 10 Stueck. Dort schicke ich 4,5kg nicht (mehr) benoetigten Krams nach Hause - die Post hat extra fuer mich laenger geoeffnet. Anschliessend unterhalte ich mich im Touri Info Stand nett mit nem Deutschen, der in dem Laden arbeitet. Er ist seiner Freundin hinterher hierhin ausgewandert. Gibt schlimmere Gegenden aus denen eine Freundin stammen koennte! Die Fjorde, Berge und Wasserfaelle sind wunderschoen. Mein Zelt schlage ich dann auch direkt am Meer auf. Auf meiner 500g Nudelpackung steht 8 Portionen, hmm, ich mach mir daraus immer zwei...

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2004-06-13

Norway

Am Strassenrand in Gegenrichtung repariert gerade jemand seine Kette, dessen Ausruestung sehr mitgenommen aussieht. Ich biete meine Hilfe an. Es ist ein Japaner, in Alaska gestartet, zum Kapp der Stuerme (Suedamerika), Kappstadt, Nordkapp und jetzt auf dem Weg nach Hause. Bereits seit 4 Jahren und 58000km unterwegs. Alter Schwede! Leute trifft man hier...

Ich komm nicht recht vorwaerts, zum einen werfen mich Sturmboeen manchmal regelrecht vom Fahrrad, zum anderen begegne ich noch zwei Bikern und mit jedem muss natuerlich ne Weile palavert werden ;-) Meine Aepfel haben den Sticker "Golden Cape South Africa", den kann ich jetzt schonmal unter meinen Nordkapp Aufkleber pappen. Wie seufzte der Japaner? "It's a long way" - er muss es ja wissen.

Jean Luc hatte mich gefragt: "Wie machst du das? Wirst du nicht muede im Kopf?" Manchmal weiss ich das selbst nicht so genau. Ich liebe das Reisen, die Begegnungen mit fremden Menschen, aber vor allem das Naturerleben geben mir sehr viel. Zudem bin ich ein bisschen auf der Suche nach einer Heimat ("wohnst du noch oder lebst du schon?" Ikea). Einen Job, eine Wohnung habe ich nicht mehr. Aber gute Freunde, Familie, und vor allem, meine Freundin. Das ist jeden Tag auf neue bitter und ich fuerchte ich lerne erst noch die Bedeutung des Spruches jemanden "schmerzlich" zu vermissen. "Home is where your heart is" - ouch!

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2004-06-12

Norway

Ich lerne den Belgier Jean Luc kennen, der mit dem Bike aus Bruessel hier ist. Aber er wird auch mit dem Bus zurueck :-( Auf dem Parkplatz steht ein umgebauter Bus, ein Paerchen aus Deutschland, die in der Heimat alle Zelte abgebrochen haben, 1 Jahr die Welt touren, um dann "irgendwo im Sueden" ein neues zu Hause zu finden. Ihre homepage: www.abenteuer-europa.de.

Hab ich ein Schwein gestern schon eingetroffen zu sein. Waehrend ich die schoenste Sonne ueberm Meer geniessen durfte, die ich je sah, ist es heute bewoelkt und regnerisch. Ich fahr 6km Umweg um ins Internet zu gelangen, doch der bloede Touri Infopunkt mit Online Zugang ist geschlossen. Gluecklischerweise treffe ich einen Studenten aus Frankreich, der in den Semesterferien hier Tour Guide macht, und so komme ich doch noch an den Rechner und meine mails.

Danach muss ich wieder in "den Tunnel". Die Meerenge zum Nordkapp ueberwindet man, indem man unter dem Wasser durchfaehrt. Es geht 3km mit 9-10% Gefaelle bergab, wobei man sich in der feuchten Nebelkaelte des Tunnels bei 60km/h alle Gliedmassen abfriert. Dann geht es aber auch 3km mit 9-10% Steigung wieder bergauf - und das ist der Hammer. Schwitzend und hechelnd durch die duestere Roehre zum infernalischen Donnern der Autos und der Belueftungsanlage. Die vielfachen Echoes bedroehnen einen von allen Seiten. Nehmt lieber die Hurtigroute (das Postschiff).

Camp schlage ich an derselben Stelle wie vorgestern auf (so ist das wenn man in eine Sackgasse radelt...). Ich fummel eine geschlagene Stunde an meinem Benzinkocher herum, bis er wenigstens ansatzweise wieder funktioniert. 1 Monat lang lief er absolut tadellos und fast wartungsfrei, diesmal hab ich ihn in meinem Frust einmal komplett mit Benzin uebergossen und angezuendet zum Vorheizen - das brachte dann wenigstens den Teilsieg und einen Topf Nudeln. Ist aber auch echt beschissen mit Kohldampf ne Stunde lang todmuede und halb erfroren im Regen zu stehen und alle Ausruestung und sich selbst voellig zuzurussen waehrend man den Kocher 10mal auseinanderbaut und reinigt und einzelne Teile austauscht ohne die Fehlerursache zu finden. Grrr!

PS: Joachim, ich hab "unseren Adler" heute zweimal wieder angetroffen - und wieder hat das Foto nicht geklappt :-(

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2004-06-11

Norway

NORDKAPP!!! Fantastisches Wetter, grossartige Landschaft, berauschender Blick in die Unendlichkeit, viele 5min Touristen. Joachim und ich sind bestens klargekommen miteinander - nur leider muss er bald zurueck nach Deutschland und will noch ein paar Tage in Finnland radeln. Also hat er sich bis dorthin einen der vielen Wohnmobilfahrer als Mitfahrgelegenheit organisiert. Schade drum - nette Gesellschaft ist immer willkommen. Gute Reise noch!

Ich haenge ein bisschen in dem beruehmten Bergsteiger Gipfelsieg Anti-Climax. Aber morgen starte ich durch zur Cape to Cape oder Nord-Kapp-Stadt Tour, und das wirds schon richten ;-) Heute werde ich noch ein bisschen guter Touri spielen und mir Infofilmchen etc reinziehen. Ausserdem moechten wir zum Wasser hiken und schwimmen gehen. Ach ja, hunderte von Rentieren gesehen auf dem Weg hierher, die alle mit ihren wenige Tage alten Jungtieren durch die Gegend ziehen. Die meisten Hoehenmeter an einem Tage der ganzen bisherigen Tour sind wir auch gefahren : 1339hm auf 105km.

"Im Osten geht die Sonne auf, im Sueden nimmt sie ihren Lauf, im Westen wird sie untergehen, im Norden ist sie nie zu sehen" - von wegen! Ich liege um 1 Uhr morgens abseits des Rummels 300m ueber dem Ozean auf den Klippen und geniesse die Sonne. Und habe gleichzeitig ein druchdringend wehmuetiges Gefuehl. Irgendwer hat mal etwas gesagt wie: "wir koennen einen schoenen Moment erst so richtig geniessen, wenn wir ihn einem Menschen zuteil werden lassen, den wir lieben"...

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2004-06-10

Norway

Scary military slang: defeating enemy soldiers - its never killing, never destroying. Mein military man beichtet mir, dass sein anerzogenes Umweltbewusstsein floeten gegangen ist, seit er tausende von Moersergranaten in die Landschaft ballert - was macht da schon ein Kaugummipapier mehr oder weniger? Hmm... Sonst ist das hier wohl die Zentrale fuer Survival Training und insbesondere "becoming experts on the winter" - naheliegend irgendwie ;-) Meine erste Kasernennacht im Leben ist nach knapp 3 Stunden puenktlich um 6 vorbei - die spinnen doch die Roemer. Zusaetzlich gab's noch die Stunde Zeitverschiebung von Finnland.

Ich fahre 30km und schlafe dann noch n Stuendchen am Fjord in der Sonne. Naechster Halt ist bei vier norwegischen Reiseradlern, die gerade Mittag machen. Grosses Palaver und Gefresse angesagt. Die sind am Nordkapp gestartet und auf dem Weg nach unten. Astri hat die drei Maenner erst auf der Piste kennengelernt. Ich schwing mich aufs bike und quatsche keine halbe Stunde spaeter mit dem schweizer Tourenbiker Cyrill. Wieder eine halbe Stunde spaeter ist es der Hollaender Gerard (nein, nicht derselbe wie vor ein paar Tagen).

100km vor dem Kapp koche ich und der deutsche Biker Joachim gesellt sich zu mir. Er hat die ganze Riege der anderen auch getroffen und so ueberrascht er mich mit der Begruessung: "Mahlzeit Soeren, hab schon viel von dir gehoert!" Wir essen und zelten gemeinsam und wollen auch zusammen fahren. Er sammelt mit seiner Tour Geld fuer eine Krebsselbsthilfeorganisation (die Tour zum Kapp war der Traum seines an dieser Krankheit verstorbenen Vaters).

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2004-06-09

Norway

Ein Schild klaert ueber einen Parasiten des atlantischen Lachs auf - man moege doch bitte seinen Aussenbordmotor und Fischereiausruestung mit in die Sauna nehmen zum Desinfizieren - LOL.

Der niederlaendische Rentner Gerard kommt mir entgegengeradelt. Beeindruckende Gestalt, ist in Holland gestartet, ueber Daenemark und Norwegen zum Kapp (am Samstag noch 5cm Schnee...) und will jetzt durch Finnland, die baltischen Staaten, Polen und Deutschland zurueck nach Hause. Zudem hat er von Erfahrungen aus jeweils mehrmonatigen Radreisen durch Afrika, Neuseeland, China und die Mongolei (!) zu berichten. In Asien war er bereits 1986 und konnte mit weissem Vollbart und Glatze maechtig Eindruck schinden. Fettes RESPEKT von mir - so moechte ich auch alt werden.

Ich nehme Wasser von der groessten Quelle Finnands, glasklar und arschkalt. Es soll hier einen Hike zu nem Canyon mit 100m Felswaenden geben, allerdings bin ich im "strict nature reserve" und die Saison hat noch nicht begonnen, damit ist das Betreten verboten. Macht nichts, die Landschaft ist auch so atemberaubend. Je karger und desto felsig/huegeliger es wird desto mehr mag ich es. An der norwegischen Grenze geh ich shoppen und reparier meinen ausgerissenen Lowrider. Die ehrgeizigen Kapp Plaene habe ich komplett verworfen, es ist zu schoen hier und ich begegne zu vielen netten Menschen um einfach durchzurauschen. Zumal der Wind auch nach wie vor erbarmungslas ist. 66 Tage geht die Sonne im Sommer nicht unter, 56 im Winter nicht auf...

Holy shit! If Finland was beautiful, Norway feels like finally coming home. Maybe Soeren should be written with that crossed o after all. Or was that Denmark? Just when you thought it couldn't get any better. damn. Im completely in love with the North: rugged, wild, wide, untamed, open, deserted.

Aus einem fahrenden Auto heraus werde ich angesprochen, ein Officer, der selbst Radreiseerfahrung hat und mich in die 40km entfernte military base einlaedt. Also geb ich noch einmal alles, um puenktlich dort zu sein, er muss um 6Uhr raus. Ich schaffs nicht ganz, also kommt er mir schon wieder suchend entgegen - was ein Service. Als ich dann eintreffe gibts Pizza, Dusche, Sauna und Unterhaltung in fliessendem Englisch. Ich erfahre von der dichten Grenze Norwegen/Russland (wie macht Finnland das bloss? die haben zigtausend Grenzkilometer mehr...), Wintern hier oben, base-jumping, bungee-jumping, scuba diving, beste Routen durch Norwegen... So schlafe ich denn im Fernsehraum der Kaserne, in einem Gebiet, in dem man nicht einmal anhalten duerfte ;-) Das war bisher der mit Abstand netteste Wilkommensgruss aller Laender - Dankeschoen!

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2004-06-08

Finland

Nachts sollte man fahren, mit staerker werdender Sonne wird es auch der Wind... Auf 200km Strecke sind mir weniger als 50 Autos begegnet. Das hebt die Rentier/Auto Quote auf ca 3:1 - damit kann ich leben ;-)

Inari lass ich schnell hinter mir, da ueberlaufen mit Wohnmobilen. Auf einem kurzen Stueck Hauptstrasse (die erste seit Tagen) werd ich dann auch prompt fast plattgemacht. Ein Bus kommt mir entgegen, ein Bulli ist neben mir und ein Van versucht zu ueberholen. So etwas habe ich schon oft genug erlebt, aber Finnlands Strassen sind keinen cm breiter, als sie sein muessen (gut so!) und so endet das Manoever diesmal mit einer langen Schramme und nem verlorenen Rueckspiegel. Die Fahrerin des Vans ist natuerlich Deutsche... Autos! (<- die Stimme trieft vor Verachtung). Finnische Autofahrer kann man im Allgemeinen an drei Dingen erkennen: sie ueberholen ruecksichtsvoll auf der anderen Strassenseite, sie haben ein Handy am Ohr und zusaetzliche Scheinwerfer am Auto.

Eigentlich wollte ich heute einen kleinen Marathon starten und die letzten 400 und ein paar kaputte km zum Kapp in 2 Tagen zuruecklegen. Aber das Wetter ist mal wieder absolut dagegen: es regnet stuendlich under der Wind lacht mir ins Gesicht, so dass ich aus den kleinsten Gaengen nicht herauskomme und einen frisch gefaellten Telefonmasten im Strassengraben passiere. So bin ich dann beim ersten Zeichen meines Ziels (Schild: Nordkapp 343km) bei km80 und schon voellig wasted...

Mann, Mann, Mann, vergessen Sie den Rekordversuch. Ich erarbeite mir ne Steigung, oben angekommen trifft mich eine Boe und wirft mich rueckwaerts wieder runter. Waehrend ich mein Lager auf einer wunderschoenen Halbinsel aufschlage wird mir das Zelt fast aus der Hand gerissen, im naechsten Moment ist es nahezu windstill und die Sonne scheint und dann regnet es. Am Himmel genauso ein Tumult. Ich weiss ja nicht, wie man das meteologisch korrekt beschreibt, aber es gibt fette, graue Wolken, die wie Tornados zur Erde reichen; weisse Floeckchenwolken; lange, duenne Streifenwolken; hohe, gerippte Wolkenflaechen; blauen Himmel; eine massive graue Bruehe - und alles gleichzeitig. Quer ueber "meinen" See ist eine Skidoo Route markiert. Which, again, makes me want to come back in winter when the whole country becomes a "road".

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2004-06-07

Finland

Meine Fresse! Das muss man erlebt haben. Es ist der 7.Juni und ich werde wach um 6Uhr morgens - in dichtem Schneetreiben!! Dicke, schwere, nasse Flocken, und sie bleiben sogar ne Weile liegen. Ich bin hoechstens 300muNN. So ganz verpackt hab ich das noch nicht. Ich trage noch die 33C Braeune aus Rumaenien und hier schneit es. Zu Hause wuerde ich gerade wahrscheinlich von irgendwelchen Bruecken in den Kanal springen... Der Schnee geht irgendwann in Regen ueber, aber der Sturm bleibt mir erhalten und zerrt und ruettelt an meinem Zelt (die Frisur haelt, 3 Wetter taft). Da will ich in einem sonnigen Moment gerade aufbrechen - doch in der naechsten Sekunde lieg ich unter schwerem Hagelbeschuss. Immer wieder fuer eine Ueberraschung gut das Wetterchen hier ;-)

Ich erreiche das 20(?) Seelen Nest Pokka. Es gibt mehr ATV Spuren und Pisten als Strassen. Waehrend eines Schneeschauers stehe ich vor einem Schild, welches stolz zu berichten weiss, dass hier am 28.01.1999 die fuer Finnland kaelteste Temperatur aller Zeiten gemessen wurde: -51,5C. Glaub ich sofort. Ich begegne ner Grupe von 16 Deutschen an ihrem Canoe drop-in am Ivalojoki. Vorher waren sie ein paar Tage hiken - so muss das! Obwohl die Aufschrift auf ihrem Reisebus zum Lachen ist: "Elch adventure tours, Natur aktiv erleben - air conditioned" LOL! Vielleicht haette jemand den Schriftzug von Mercedes neben dem eigenen Firmenmotto entfernen sollen ;-)

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2004-06-06

Finland

Es ist soweit, der Regen hat gerade eben aufgehoert. Zeit die wohlige 7C Waerme des Zeltes zu verlassen und sich gegen den eisigen Nordsturm zu werfen. Ich unterhalte mich noch ein bisschen mit den beiden Finnen Seppo und Ilmo, die mit ihren Familien und Wohnmobilen durch die Gegend gondeln, und kaempfe dann um jeden Kilometer. Die Baendchen an den Reisverschluessen meiner Jacke knattern, die Telefonleitungen neben der Strasse sirren und schnalzen und die Baeume neigen sich mir entgegen. Kurze Hagelschauer schiessen mir wie Schrot waagerecht ins Gesicht. Streckenweise hab ich sogar Spass daran ;-) aber ich waer jetzt trotzdem lieber auf nem Segelschiff als mich mit dem Fahrrad dagegen abzumuehen. Ordentliche Neigung und n paar Brecher ueber Deck hatte ich lange nicht mehr ;-)

Kittilae. Mein vorerst letzter grosser Versorgungsstop - ich bin jetzt loaded mit Futter fuer ein paar Tage. Es ist immer noch stuermisch bei 6C - die Finnen haben im Freien ihr sonntaegliches Fussballmatch. Der oertliche Campingplatz ist komplett desertiert, und das, obwohl der Beachvolleyballplatz und die Umkleiden am Fluss gerade frisch renoviert sind. Gut fuer mich, denn die geben mir Windschutz beim Essen. Merke: Daim Eis schmeckt zwar geil, ist bei so einem Wetter aber vielleicht doch nicht die ideale Nahrung - brr!

Meine Musiksammlung war vor meiner Abreise etwas hastig zusammengestellt (einfach ne mp3 Playlist auf n dutzend MDs uebertragen) und keine der minidiscs ist beschriftet. Deshalb bin ich damit an die Obst- und Gemuesewaage eines Supermarktes gegangen und nutze jetzt deren Aufkleber. Damit bin ich glaub ich der einzige Mensch weltweit, der so grandiose Bands wie "0,387kg Sipuli" kennt und hoert ;-)

Abends fallen einzelne Flocken von etwas aus dem Himmel, das mir verdaechtig wie Schnee aussieht. Beim Wassertanken unter einer Bruecke hoere ich ploetzlich merkwuerdige Geraeusche ueber mir. Es ist eine ganze Herde Rentiere, deren Leitbulle sich wohl ueberlegt hat statt der Furt doch lieber die Strasse zu nutzen. Autos fahren hier eh nicht und man spart sich die nassen Hufe.

Die ersten 40km der 9552 lege ich noch auf Schwarzdecke zurueck, dann gehts auf einspuriger Schotterpiste weiter. Der naechste Ort ist in 150km Entfernung ausgeschildert, in 2 Stunden begegne ich weder Autos, noch Menschen, noch Haeusern, nur einige Rentiere und Hasen kreuzen meinen Weg. Mein Lager schlage ich mitten am windexponierten Nordhang auf - bei 3C. Ich brauche das erste Mal die Sturmleinen. Aber da muss man halt Prioritaeten setzen und der Ausblick von hier oben ist einfach zu herrlich um hier nicht sein Lager aufzuschlagen. Immer wieder bricht die Wolkendecke auf und goldene Lichtfinger streichen ueber das huegelige Waldland. Dank des erholsamen Ruhetags im Zelt (im Gegensatz zu Hotel"ruhetagen", nach denen ich bisher immer fertiger war als vorher) schaffe ich trotz der widrigen Umstaende bei bester Laune ordentlich Kilometer weg. "Stormy wheather - stealin all my body heat" Ach nee, Tina Turner singt das irgendwie anders... ;-)

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2004-06-05

Finland

"Vielleicht sind alle Drachen unseres Lebens Prinzessinnen, die nur darauf warten, uns einmal schoen und mutig zu sehen" "Das, was wir Schicksal nennen, tritt aus den Menschen heraus, nicht von aussen her in sie hinein" "Aber der einzelne kann sie fuer sich klaeren und klar leben (und wenn nicht der einzelne, der zu abhaengig ist, so doch der Einsame). Er kann sich erinnern, dass alle Schoenheit in Tieren und Pflanzen eine stille dauernde Form von Liebe und Sehnsucht ist"

Es regnet 24Stunden non-stop, ich lieg im Zelt, hoere melancholische finnische Musik (versteh kein Wort, aber gesungen klingt die Sprache schoen und traurig) und lese Rainer Maria Rilke: "Briefe an einen jungen Dichter". Haette ich mal frueher tun sollen, so elegant wie er die Stadt Rom auseinandernimmt - abgucken beim Meister ;-) Mein Bike keinen cm bewegt heute, diesmal soll es gefaelligst vorher aufhoeren zu regnen. Zudem habe ich ein wunderbares Camp am Fluss und geniesse Ruhe und Einsamkeit.

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2004-06-04

Finland

Meine Brille ist repariert (hatte ein Nasenpad verloren) und ich kann jetzt wieder geradeaus gucken. Ausserdem habe ich endlich den schwarzen Schmant, der meine Trinkflasche komplett von innen verklebt hatte, herausgeschrubbt. Keine Ahnung, was das war, aber es schmeckte scheusslich und war schon seit Tagen nicht herauszubekommen. Selbst Einweichen mit Spueli und Durchschuetteln mit Kieselsteinen half nichts. Hab mir extra nen Schrubber gekauft. Dachte erst es sei das sumpfig schwarz/gelbe See und Flusswasser, das ich seit einiger Zeit trinke, aber dann haette es wohl auch meine anderen Flaschen erwischen muessen.

Ich meide die vielbefahrene "Eismeerstrasse" mit ihrem Santa Claus Village am Polarkreis, das Werbung mit 400.000 Besuchern jaehrlich macht, und nehme die ruhigere Alternativroute. Mein Uebergang in die Arktis ist dann auch nur ein unauffaelliges, altes, verwittertes Schild am Strassenrand. Und schon zische ich wieder durch die baumgruene Eintoenigkeit Finnlands, nur ist diesmal auf der einen Seite ein Fluss hinzugekommen und es wird leicht huegelig. Ich liebe es. Und es ist genau, was ich jetzt brauche. Ich habe einige mails aus der Heimat bekommen, die mich sehr aufgewuehlt haben. Ohne adequate Antwortmoeglichkeit ist das immer hart. Das Wetter ist herrlich und die Luft berauschend. Die moechte ich am liebsten in Flaschen tanken und nen Vorrat nach Hause schicken. Eine Einheimische warnt mich vor einem Kaelteeinbruch am Wochenende, aber ich habe sowieso keine Ahnung, welcher Wochentag ist, also ist mir das auch egal ;-) Which brings me to: Ladenoeffnungszeiten. Voellig chaotisch, versteh ich nicht. Oft Sonntags geoeffnet. Manchmal bis 1700Uhr, manchmal ab 1700Uhr. Hab sogar ein Schild 1200-0430Uhr gesehen. Die Mitternachtssonne bzw Winterdunkelheit wirft wohl alles durcheinander.

Letztens hat mich ein "Holzkopfseeadler" erschreckt. Lebensgross mit ausgebreiteten Schwingen geschnitzt in einem Garten. Ich guck im Vorbeifahren interessiert hin und das Vieh guckt zurueck und dreht sich mir hinterher! Hat mich total ueberrascht, aber es war nur drehbar gelagert und genau im richtigen Moment von einer Boe getroffen...

Mein Reisefuehrer hat doch nicht nur Witze gemacht von Schneeschmelze bis Mitte Juni zu sprechen - ich bin gerade an Schneeresten im Strassengraben vorbeigekommen. Und einem Husky-Zuechter. Dieses Land im Winter erleben... hmm... Sucht mal den russischen Ort Krasnoscele auf der Karte. Viel weiter weg von allem kann man schon fast nicht mehr sein - obwohl, es gibt ja auch noch NordOst Russland, Sibierien...

Es haben nicht 83 von 100 Finnen ein Handy, wie die Statistik behauptet, sondern 100 von 100. Zumindest hat jeder Autofahrer eins an der Backe kleben... In "Fraeulein Smillas Gespuer fuer Schnee" (grosses Buch! unbedingt lesen) wird die Angst der Groenlaender vor dem Eingesperrtsein beschrieben. Wenn die jeden Tag einen so grandios endlosen Himmel geniessen, wie ich heute, kann ich sie gut verstehen.

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2004-06-03

Finland

Heute hol ich mir nen early workout bei km 35. Meine Mini-disc rotation hab ich mittlerweile einmal komplet durchgehoert und bin deshalb wieder bei der "Propellerleg-Radio" disc meiner Brueder. Zu einem Lied befehlen sie mir nicht unter 25km/h zu fahren. Tja, da ich immer auf die Stimmen in meinem Kopf hoere versuche ich es. Dumm nur, dass ich gerade am Fusse einer laengeren 1-2% Steigung bin und gegen leichten Wind anfahre. Als das Lied nach subjektiven 3 Stunden endlich am Ende ist bin ich es auch. Aber: mission accomplished! ;-)

Ich werde wohl bald Kredit beantragen muessen, da meine Reisekosten von nun an explosionsartig ansteigen werden: Ich habe Daim Eis entdeckt! Eine Droge, die ich waehrend eines Canoe Urlaubs in Schweden kennengelernt habe, dann aber in Ermangelung eines Dealers in Deutschland jahrelang Entzug gelitten habe. Jetzt bin ich schwer rueckfaellig...

Wunderherrlicher Tag. Perfektes Wetter. Die km rollen sich wie von alleine ab. In einem Dorf begleiten mich ueber km zwei Jungs auf ihren klapprigen Raedern und wir haben Spass an unserer unzulaenglichen Kommunikation. Kinder spielen scharenweise friedlich draussen. Auf einsamer Strecke dann kaum Autos, dafuer immer wieder Gruppen von Rentieren. So at peace mit mir und der Welt war ich lange nicht mehr.

Ich begegne meinem ersten Elch ausserhalb Canadas. Leider ergreift er die Flucht sobald ich ihn entdecke. Zwar rennt er parallel zur Strasse neben mir her, aber bis ich waehrend der Fahrt meine Kamera rausgekramt habe ist er schon weg. Ich erreiche Rovaniemi, "Tor zu Lappland" wie es genannt wird und Heimat des Nikolaus. Sehr touristisch alles, da Ausgangspunkt fuer saemtliche Touren Richtung Norden, aber dennoch sehr nett. Bin auf nem Camping Platz, wasche Waesche, dusche etc... Online kann ich leider erst morgen wieder in der Buecherei. Direkt n paar nette Leute getroffen hier, mal sehen was draus wird...

Grmpf. Da will ich mir zur Feier des Tages mal ein nettes Essen goennen, muss aber feststellen, dass bis auf die Burgershuppen schon alles geschlossen hat! So ist das halt, wenn es nicht mehr dunkel wird, da sucht man auch Mitternacht noch nach nem Restaurant. Naja, gibts halt Burger - hat den Vorteil, dass das der Hangout der Lokaljugend ist, also ist people watching angesagt.

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2004-06-02

Finland

Mein Tagesrhythmus verschiebt sich immer weiter nach hinten. Das liegt zum einen daran, dass es, wie heute, vormittags bis 1200Uhr regnet und zum anderen die Tageshoechsttemperatur so gegen 1800Uhr erreicht wird. Wie um zu beweisen, dass das Schild gestern nicht nur zum Spass da stand kreuzt ein Rudel? eine Familie? eine Herde? von 6 Rentieren meinen Weg. Sie kommen aus dem Strassengraben und wollen die Strasse ueberqueren. Lassen sich durch mein vorsichtiges Herannahen auch ueberhaupt nicht stoeren und ergreifen erst die Flucht, als nach 5 Minuten das erste Auto aufkreuzt. Ich komm an einem Haus vorbei, das auf der "falschen" Seite des Flusses erbaut wurde: das Auto parkt diesseits, zum Haus gelangt man nur per Ruderboot.

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2004-06-01

Finland

Gestartet bin ich im Muensterland, einer Gegend, in der wir kaum jemals richtig Schnee haben. Hier sind die Strassen zernarbt von den Kratzspuren der Raeumfahrzeuge, abseits der Hauptstrecke gibt es Pisten fuer snowmobiles, neben Schulen ist statt des Fussballplatzes ein outdoor skating ring und Parkplaetze sind mit Steckdosen ausgeruestet. Ich glaube ich will Finnland noch einmal im Winter erleben.

An einer Kreuzung studiere ich meine Karte (nicht, dass Orientierung ein Problem waere bei einer Abzweigung alle 25-50km - aber man weiss ja gerne wo man ist...) als ein hilfbereiter Motorradfahrer neben mir haelt. "You tank bananas, I tank benzin" korrekt, jetzt nur noch ein bisschen weiter drueber nachdenken...

Von einer Huegelkuppe aus habe ich einen gigantischen Ausblick. Gruentoene soweit das Auge reicht. Baeume bis zum Horizont. Als ich noch stehe und glotze oeffnet sich die Wolkendecke und ein Lichtfinger zeigt zur Erde. Sieht fantastisch aus. Solche Momente machen mir ne Gaensehaut. Wer nicht versteht warum ich hier bin hat niemals so einen Augenblick bewusst erlebt.

An einer Kreuzung sind 5 Orte ausgeschildert, der naechste in 71km Entfernung. Es wird leerer. Eine grosse Tafel weist darauf hin, dass ich mich nun in Nordfinnland, und damit Rentierzuchtgebiet, aufhalte. Der Polarkreis ist noch knapp 250km entfernt.

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