2004-09-14

France

(Sören:)

Wir starten ( diesmal zu humaner Zeit so gegen 1100Uhr ;-) ) zu einem weiteren Hike. Es geht steil bergan durch ein schmales, felsiges Tal, durch den sich ein kleiner Gebirgsbach eine tiefe Schlucht gegraben hat. Nach ca 700 Hoehenmetern Wanderung kehren Richy und Ann um zurueck ins Lager. Richy war nach der gestrigen Tour noch nicht wieder 100Prozent fit und der Weg vielleicht etwas zu steil, zu oft ausgewaschen, zu nahe am Abgrund und die Sonne mit mehr als 30C zu gnadenlos.

Ich gehe alleine weiter und erreiche keine 100m hoeher nachdem wir uns getrennt haben den einsamen Bergsee, der unser eigentliches Ziel war. Einsam ist nur fast richtig, da ich, sobald ich meinen Proviant auspacke, von drei Pferden aufdringlich belaestigt werde. Sie umzingeln mich, knabbern das Salz von meinen Klamotten und versuchen mich zur Seite zu schubsen, um an mein Essen zu gelangen. Keine Manieren!

Der See reicht mir nicht, deswegen steige ich weiter auf bis zum Grad. Fantastische Aussicht. Wie gestern darf ich wieder ein paar Murmeltiere und Adler beobachten. Aber auch hier mache ich nicht halt sondern klettere weiter bis auf den hoechsten erreichbaren Gipfel. Der ist diesmal sehr beeindruckend - mit senkrechten oder gar ueberhaengenden Felswaenden und steilen Geroellfeldern. Gestern stand ich auf dem Pic Hourquette mit 2384m, heute ist es der Pic Gazies mit 2457m.

Ich bleibe eine ganze Weile dort oben und geniesse einfach nur da sein zu duerfen. Die Berge und der Pyrenaen Nationalpark sind ein einziger Traum. Ich moechte am liebsten wochenlang hierbleiben und alle Gipfel besteigen. Aber meine Haende machen mir zunehmend Probleme und ich muss dringend zum Arzt. Erstmal muss ich jedoch dringend vom Gipfel wieder runter.

Eigentlich hatte ich vorgehabt ueber den Grad zu klettern und einen Gipfel nach dem anderen plattzumachen, aber ich traue dem Wetter nicht so ganz. Es ist zwar nach wie vor sonnig bei 28C, aber es wird immer windiger und Wolken ziehen auf. Also suche ich mir querfeldein ( ich hasse es denselben Weg mehrfach gehen zu muessen ) eine moeglichst rasante Abstiegsroute. Die meiste Strecke lege ich halb joggend zurueck und erreiche so nach 1200hm kaum eine halbe Stunde nach Richy und Anna das Camp. Die hatten sich Zeit gelassen mit dem Abstieg und unterwegs noch mit einem deutschen Paerchen gequatscht. Die einzigen anderen Menschen, die ich unterwegs sah, waren ein Angler ( wie kommen die Fische eigentlich auf ueber 2000m? ) und ein Schaefer mit seinem Hund. Die beiden waren dabei eine Schafherde einen unmoeglich steilen Hang hochzutreiben in eine Felsschlucht ohne erkennbaren Ausweg. Meine Theorie ist, dass er die gesamte Herde auf einmal mit einem Steinschlag toeten will um die Versicherung zu betruegen. Anders kann ich mir das seltsame Verhalten nicht erklaeren ;-)

Ich tat gut daran frueh abzusteigen, denn kaum bin ich im Lager steigt aus dem Tal dichter Nebel zu uns herauf und bald darauf betraegt die Sicht weniger als 100m.

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2004-09-13

France

(Richard:)

Da wir uns eine relativ grosse Hike Strecke fuer den Start ausgesucht haben, lassen Soeren und ich uns einigermassen breitwillig von Anna aus dem Schlafsack kicken. Wir schaffen dann tatsaechlich auch einen Aufbruch um 0930Uhr, eine absolute Bestleistung. Meine Knie und Waden schmerzen jedoch von km 0 an, da ich sie auf den mageren 10km am Vortag wohl ueberlastet haben muss - die 3km hoch zum Campingplatz moegen zwar eine Heldentat gewesen sein, aber dennoch eine Ueberbelastung.

Uns begegnen viele andere Hikinggruppen, darunter auch Familien. Oft ist das Noergeln der Kinder schon von weitem zu hoeren und ich frage mich, wie man trotz Quengelkiddies im Dauermodus noch Spass am Hike haben kann. Ausserdem bestaetigt mich eine total gequaelt und reschoepft aussehende Familie am Abend in der Vermutung, dass Durchhaltevermoegen und Geschwindigkeit von Kindern wohl nur sehr schwer zu schaetzen sind! Bin ja mal gespannt wie ich mich eines Tages mit Familie verhalten werde...

Der Weg fuehrt vorbei an einem spiegelglatten Stausee und einem riesigen Tal. Das Tal ist unbebaut, flach und ohne Vegetation, der Rasen wirkt wie frisch gemaeht. Grund dafuer sind die zahllosen Kuehe, Schafe, Pferde und Esel, die ueberall beim Grasen zu finden sind. Die Tiere koennen sich absolut frei bewegen und wirken allesamt total entspannt. Die Halung von Nutztieren in den Bergen scheint mir eine sehr coole Sache zu sein - nur auch wohl sehr viel Arbeit.

Zurueck zum Tal: Weiterer Pluspunkt ist die spektakulaere Sicht auf die umliegenden Gipfel, die Lust auf mehr macht. Auf dem Weg nach oben begegnet uns eine Gruppe Esel, die offenbar gerne was zu fressen bekommen wuerden. Wir nutzen die Gelegenheit mit den Tieren zu posen und haben ne Menge Spass, als die Viecher Soeren in die Mangel nehmen und ihn ausrauben wollen - Kamera, Radshirt - alles was halt so da ist. Mir sind Esel spontan sympathisch und ich glaub, dass so ein graues, langsames, trotziges Tier besser zu mir passen wuerde als jedes Pferd.

Wir kommen an einen sehr steilen Felshang, den Soeren direkt als wunderbaren Kletterfelsen identifiziert, mich aber eher an Hinterhaltsszenarios aus klassischen Westerns erinnert. Auf meinen Angriff mit der Fingerpistole wirken Anna und Soeren aber eher irritiert - Banausen! Passend zum Setting kreist ueber uns ein Adler. Denen begegnen wir noch haeufiger und sie scheinen zu Recht Markenzeichen des Naturparks zu sein. Wenn ein Adlerschrei in einem nahezu leeren Tal zu hoeren ist und ein grosser Greifvogel in grosser Hoehe kreist, ist unmissverstaendlich klar, wessen Revier man hier betritt.

Wir kommen an mehreren Bergseen vorbei, die weitere Panorama Blicke ermoeglichen. Soeren kann diesen nicht laenger wiederstehen und muss sich die Droge Gipfelsturm und Gipfelblick abholen. Da Anna und mir unser Leben lieb und teuer ist, trennen wir uns und beobachten Soerens Kletterpartie ab und an mit dem Fernglas. Lustig ist, als Soeren uns auf die wahren Meister der Berge direkt neben ihm hinweist. Bergziegen heizen mit einer Affengeschwindigkeit fast senkrechte Geroellpassagen hoch und verhoehnen so unseren angehenden Experten Bergsteiger.

Anna und ich umrunden derweil einen Bergsee und regen uns ueber ein illegal fischendes Paerchen und ueber eine vermutlich besoffene, groehlende Trekkinggruppe auf. Anna stellt ihr Interesse fuer Zoologie unter Beweis, indem sie mittels Steinwurf tote von lebendigen Fischen zu unterscheiden versucht und unterschiedliche Stadien von Kaulquappen miteinander vergleicht und begutachtet. Zwischenzeitlich steht der pelzige Unhold von Bruder auf dem Gipfel seiner Wahl und jubelt herunter.

Anna und ich folgen dem Weg zum Treffpunkt, kommen an einer Schutzhuette vorbei und laufen Serpentine fuer Serpentine den Pass hoch. Soeren hat uns schon lange erwartet und beschwert sich ueber unsere Verspaetung, er habe schon die naechsten 10 Gipfel nach uns abgesucht und sei hin und hergerannt. Und ach ja, der Gipfel sei selbst fuer ihn "fast zu krass" gewesen, fuer den Normalsterblichen also der sichere Freitod.

Kurz darauf stehen wir an einem Talhang und fragen uns, wo der auf der Karte verzeichnete Weg wohl in der Realitaet langgeht. In der Realitaet ist da naemlich kein Weg, sondern ein Berg, noch dazu ein ziemlich hoher. Einer der allgegenwaertigen Schaefer spricht uns an, merkt uns schnell die Qualitaet unserer Franzoesisch Kenntnisse an und versucht uns auf Englisch-Franzoesisch den Weg bzw einen Weg zu erklaeren. Neuen Mutes versuchen wir den zur Haelfte verstandenen Anweisungen folge zu leisten und gehen los. Mir wird in meiner Haut immer unwohler, da Pfade nur begrenzt existent sind, die Haenge ganz schoen steil wirken und auch der Weg voraus alles andere als sicher begehbar aussieht. Das Gefuehl der Unsicherheit bzw der Situation nicht gewachsen zu sein wird immer groesser und ich will trotz der drohenden Daemmerung lieber umkehren und einen anderen, beschilderten und sicheren Weg nehmen, anstatt mich weiterhin zu ueberfordern. Anna ist auch nicht ganz wohl bei der Sache und nimmt Kontakt zu Scout BuschnicK auf. Leider verlaeuft dieser alles andere als gluecklich und Anna und ich sind schlecht gelaunt, weil Soeren es uns uebel nimmt, dass wir umdrehen wollen und Soeren ist schlecht gelaunt, weil wir den tollen, ausgekundschafteten Weg aus nicht vermittelten Gruenden nicht nehmen wollen.

Die Gruppendynamik verschlechtert sich daraufhin noch weiter und wir laufen fuer ne Weile in ziemlich schlechter Stimmung den Berg herunter. Irgendwann mal hat sich auch die gelegt und das Hauptproblem besteht darin, dass ich mehr humpel als laufe und die anderen in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit lieber zischen wollen. Knieschmerzen, die Hoehenmeter fuer Hoehenmeter zunehmen, und damit zusammenhaengende Sicherheitsaspekte lassen mich mein Tempo beibehalten und fuehren dazu, dass die anderen immer auf mich warten muessen. Gegen Ende ist die Flasche so gut wie leer und ich schleppe mich auf zwei aufgelesenen Stoecken gestuetzt Schritt fuer Schritt Richtung Tal. Solche Gelenkschmerzen hab ich mein Leben noch nicht gehabt!

Alle Leiden finden einmal ein Ende und ein erster Schritt dahin war fuer mich die heisse Dusche im Tal. Wenigstens einigermassen wiederhergestellt lag ich daraufhin dennoch wehklagend im Zelt ( Anm Soeren: aber nicht ohne seinen Humor verloren zu haben ;-) zumindest kamen noch hoechst amuesante Bemerkungen von der Fast-Leiche... ). Anna unterliess es nicht meine physische Situation auszunutzen, um mir psychischen Schmerz zuzufuegen. Voller Bosheit, Arglist, Heimtuecke, Gefuehlslosigkeit, Barbarei und Kommunismus brachte sie mich um meinen Anteil an den koestlichen Bounty Schokoriegeln. Auf meine Frage "Warum isst du meine Bountys?" antwortete sie "Von den Bountys gehoert dir nur eins und das habe ich erst zur Haelfte gegessen!". Der empathische Leser mag nachempfinden, dass meine Seelenqual mich daraufhin die Nacht hindurch begleitete und fortan mein Glaube an die Menschlichkeit der Welt erschuettert.

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2004-09-12

France

(Anna:)

Wir brechen wieder verhaeltnismaessig frueh auf und machen uns an die muehsam schweisstreibende Arbeit, die Passstrasse hinaufzupedalieren. Turbo Soeren ist weit voraus und ich mit meinem Ultraleicht-Rad haenge den Tutschi ( alias Dr. Richard Coer de Lion ) immer wieder ab. So ackert jeder fuer sich und macht sein ganz persoenliches Rennen ( oder Hinterher-Rennen ) mit dem Rennradfahrertrupp aus, der natuerlich unbeladen faehrt.

Nach einigen Kilometern erreichen wir Gabas, welches von den Maennas in liebevoller Erwartung "Gabba Gandalf" ( Anm. Soeren: Zitat aus Sinnlos in Mittelerde - einer Herr der Ringe Parodie ) genannt wurde. Kroenender Abschluss sind die 3km hoch zum Campingplatz. Alle sind am Hecheln und malochen sich den Hang rauf, stets darauf bedacht den Verkehr irgendwie zu ueberleben. Ein grosses Lob und RESPEKT an unseren Richard-Tutschi, der trotz dickem Rad und ohne Klickies bis zum Camp hochgefahren ist.

Wir sind absolut begeistert von dem Campingplatz: umgeben von Berggipfeln, im strahlenden Sonnenschein und untermalt vom mittlerweile vertrauten Gelaeut der Kuhglocken. Da wir die Hoffnung gehegt hatten, es gaebe in Gabas nen Supermarkt ( was nicht der Fall war ), sind wir zwar an traumhaftem Ort, aber ohne Happa Happa. Die folgende "Gruppensituation" ist zu kompliziert und fuer mich immer noch nicht so ganz reine, als dass man es erlaeutern koennte. Jedenfalls tat es Not dass einer in die naechste Stadt fahre, um einzukaufen.

Soeren war unser Held und riskierte Kopf und Kragen auf der Tramperfahrt nach unten, um reich bepackt mit Koestlichkeiten fuer mehrere Tage wiederzukehren. Als wir uns abends beim Platzwart anmelden, stellen wir zerknirscht fest, dass es doch nen mini Markt hier gibt, aber gut. Wer kann das ahnen? Richard macht sich als Kocherputzer ganz gut und in der aufziehenden Kuehle der Nacht mampfen wir Nudeln mit Ruehrei.

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2004-09-10

France

(Sören:)

Wir schaffen einen uncharakteristisch fruehen Start und sind bereits vor 1000Uhr unterwegs. Nach entspannten 15 Downhill Kilometern ( die wir gestern zu der Haengebruecke noch aufwaerts zurueckgelegt haben ) machen wir Picknick im Schatten der Baeume an einem Fluss. Danach gibt es in wunderbar saftig gruener Landschaft einige kleinere Paesschen zu bewaeltigen. Die Berge werden schroffer, felsiger und vor allem immer hoeher. Leider sind sie etwas schuechtern und voellig unfotogen im weissen Hitzedunst.

Ich bin absolut begeistert von der Gegend und mir faellt lauter Scheiss ein, den ich in diesen Bergen machen koennte, was mich zu der Einschaetzung bringt: "Ich glaube, wenn ich solche Berge vor der Haustuer haette waer ich schon lange tot." Aber es kommt noch besser: Wir erreichen zwei grosse Tafeln, die ueber die einzigen zwei Passstrassen aufklaeren, die aus dem Tal fuehren. Eine ist von Tour de France Beruehmtheit und geht auf einer Strecke von 16km von 525muN auf 1709 mit km-Durchschnittssteigungen zwischen 5 und 10 Prozent: der Col d'Aubisque.

Wir fahren aber zunaechst den Col du Pourtalet, welcher zwar eine groessere Hoehe erreicht, jedoch mit geringerer Steigung. Wir wollen dort Hiken gehen und anschliessend umkehren, um den anderen Pass auch noch fahren zu koennen. Die Strasse ist ein absoluter Traum, es geht durch eine enge, steile Schlucht. Auf der einen Seite trennt einen ein broekeliges, kniehohes Natursteinmaeeuerchen von 100m senkrechtem Abgrund, durch den ein Wildbach rauscht. Auf der anderen Seite strebt der Fels ebenso steil mehrere 100m gen Himmel. An einer Stelle schiesst ein Wasserfall mitten aus der Wand.

Unser Hoehenflug wird von zwei entgegenkommenden Schafherden gebremst, die von ihren baskischen Hirten und Schaeferhunden ins Tal getrieben werden. Die Tiere tragen Glocken um den Hals und machen einen unglaublichen Radau. Spaet in der Nacht werden wir noch zweimal von solchen Herden geweckt - Rush Hour in den Pyrenaen. Wir passieren eine heisse Quelle, die allerdings voellig mit einer Thermalbadeanstalt verbaut und auch noch geschlossen ist. So eine Sauerei. In meinen Augen sind derartige Naturspektakel Allgemeingut und muessten moeglichst urspruenglich fuer jedermann frei zugaenglich sein.

Ich habe seit Monaten Probleme mit meinen Haenden, die kontinuierlich schlimmer geworden sind. Heute Nacht treffe ich die schwere Entscheidung damit nun doch nach Deutschland zurueckzukehren und sie behandeln zu lassen. ScheissPissFuckKackSauArschDreckSchwein! {...Rest der Story spaeter, jetzt kein Bock drauf... Frust!... }

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2004-09-09

France

(Richard:)

Morgens besteht Anna auf eine Wiederaufnahme des Body-Float Anfaengerkurses als Bestandteil ihres Kanadavorbereitungs-/fitness Programms und wir stuerzen uns wieder in den Fluss. Leider bleiben technisch aber signifikante Maengel zu beanstanden ( Fuesse, nicht Po, tiefster Punkt ).

Nachdem wir bei der ueberaus korrekten Campingplatzbesitzerin wieder einmal Postkarten und Briefmarken erstanden haben, brechen wir auf Richtung Holzarte Canyon. Offenbar werde ich auf diesem Weg meines Spitznamens Trekking Turtle wuerdig, weil Anna mir im Nachhinein erzaehlte, dass sie immer gewartet haette, um mich dann zu ziehen, ich aber einfach immer in gewohnt langsamer Geschwindigkeit weiter gefahren sei.

Der Weg zum Trail Einstiegspunkt ist weiter als gedacht und ich langsamer als gedacht, so dass wir erst um 1630Uhr mit dem Hike beginnen, der uns mit 4 Stunden Laufzeit angekuendigt wurde. Zu allem Ueberfluss hatten wir noch kein Abendessen/Fruehstueck eingekauft ( grr @ Oeffnungszeiten ). Auf den ersten 2km kommen uns etliche Wanderer entgegen, die schon wieder auf dem Rueckweg sind und machen uns mal wieder klar, dass wir mit gehoerigem Abstand die letzten sind, die aufbrechen. Highlight des Trails ist eine Haengebruecke ueber einen Monstercanyon, die auch auf diversesten Postkarten in Szene gesetzt wurde. Erst 1906 entdeckt, der Canyon...

Auf der Haengebruecke befindlich setzt bei mir wieder dieses komische Gefuehl in der Magengegend ein, dass mich regelmaessig warnt, wenn a) ganz viel Luft unter mir oder b) ein ganz steiler Abhang neben mir ist. Folglich verweile ich nicht ganz so lange auf der Bruecke und trotte voran. Trotten ist da auch das richtige Wort, weil sowohl das Radfahren als auch das Hiken eindrucksvoll meine Turtle-Natur unter beweis stellen. Waehrend Anna und Soeren voranzischen und Pausen machen, um mich ab und zu auch mal zu sehen, stapfe ich Stampfer fuer Stampfer fast die gesamte Strecke von 15km und 1940hm in einem durch. Bislang habe ich niemanden gefunden, der genauso schnell oder gar langsamer als ich wandert! Letzteres saehe bestimmt aus wie ein Mensch in Slowmotion... ( Anm Soeren: der Herr uebertreibt hier ein "bisschen" )

Derart philosophierend bin ich irgendwann dann ueberrascht auf einem Berg zu stehen, der von einer Monster-Schafsherde bevoelkert wird. Ich bin zudem ueberrascht, dass 1.) Schafe auf Berggipfeln gehalten werden 2.) diese zuverlaessig 9mm Kopfrasur der Berge herstellen und sie 3.) nicht auf mich, ihren Meister, reagieren und alle zusammenkommen.

50 Meter tiefer trifft man dann auch Pferde und Kuehe - faszinierend. Ebenso verwunderlich ist die Bebauung: Haeuser in luftigen Hoehen, an steilen Abhaengen und ohne Strassen - wie macht man das? Auf dem Weg runter machen Anna und ich uns um den zurueck fallenden Soeren Sorgen. Er koennte vor lauter Brombeerkonsum geplatzt sein oder einem der gemein-gefaehrlichen Pyrenaen Baeren auf Nahrungssuche zum Opfer gefallen sein... oder aber selbst zum Pyrenaen Baer mutieren... Trotz der am Ende erheblichen Dunkelheit und der hypnotischen Wirkung der Brombeerstraeucher auf meinen pelzigen Bruder kommen wir heil unten an.

Zum Glueck gibts am Fusse des Bergs/Trails eine Touri-Ausbeut-Station (O-Ton Anna), so dass wir belegte Baguettes (franzoesische Sandwiches) bekommen koennen, die zwar teuer und alt sind, aber dafuer den groebsten Hunger stillen. Nachtfahrt ohne eigenes Licht wirkt auf mich spontan sehr unsympatisch, aber zum Glueck kommen wir schnell an einem ausgedehntem Rasen/Kies/Randstreifen vorbei an dem ein wild campendes Wohnmobil steht. Wie der Zufall es will werden dessen Insassen von uns unabsichtlich geweckt, diese sind Deutsche und dazu noch nett und stellen ihre Autobeleuchtung an, damit wir besser aufbauen koennen. Rechtzeitig zum einsetzenden Gewitter sind wir fertig. Manchmal ist es eben doch gut, dass es so viele Menschen gibt!

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2004-09-08

France

(Anna:)

Wir brechen spaet auf, da Richard vermutlich den Wein nicht vertragen hat und muessen als erstes feststellen, dass "angenehm warm" nur fuer unseren Lagerplatz galt und wir auf der Strasse gebraten werden. Zum Glueck geht es Richard mit der Zeit besser und wir erklimmen gemaechlich die Vorboten des nahen Gebirges und geniessen erste Abfahrten.

Im Supermarkt erstehen der Coeur und ich eine 1:50.000 Karte fuer die anstehenden Wanderungen und Gipfelstuermungen. Das motiviert! Die Mepplers unter uns versuchen vergeblich, ihre zarte Haut an die Sonne zu gewoehnen und verbrennen sich regelmaessig. Gut das ich - allem Spott zum Trotz - eine Feuchtigkeitscreme gekauft habe. Richards treffende Aussage zu Soerens Oben-Ohne-Fahrt: Pyrenaen gereifter BuschnicK!

Erwaehnenswert ist auch noch folgende Begebenheit, welche mir vor Lachen fast keine Luft mehr fuer das Erklimmen des Anstiegs liess: Soeren befestigte Bluemchen an Richards Fahrrad und erlaeutert: damit die Wespen jetzt Richard nerven... wenig spaeter meint eben jenes Opfer augenklimpernd zu mir: Eine Fee hat mir Bluemchen ans Fahrrad gemacht! Trocken musste ich ihn aufklaeren: Ich glaube die Fee heisst Soeren.

Abends finden wir uns spontan auf einem Campingplatz ein. Und haben Glueck: Die Maennas machen ein erstes Wanderziel aus und wir haben einen eiskalten Bergbach direkt am Platz. Erster Auftrag ist natuerlich klar! Geniale Sache das Wasser. Abends vernichten wir endlich Soerens Reste an Kartoffelpue und bedauern, dass die alltaeglichen 30-35C uns unsere taegliche Schokoladenration vereitelt. Manno!

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2004-09-07

France

(Sören:)

Anna erhaelt ne SMS von ihrer Ma mit der Mitteilung, dass die Bewerbung ueber die ZVS positiv verlaufen ist und sie Psychologie studieren kann. Als Belohnung darf sie sich mit dem praktisch nicht existenten Englisch einer Postbeamtin herumschlagen um ihren Studienausweis puenktlich nach Deutschland zu schicken (sie hat bereits 1 Semester Peda studiert).

Bei knapp 30C machen wir Mittagspause und kochen uns Reis plus Vitaminoverkill: Mais, Bohnen, Paprika, Zuccini, Fruehlingszwiebeln, Moehren, Tomaten. Dazu gibts die ersten spanischen Hits aus meinem Solarradio.

Bald darauf tauchen die ersten Gipfel der Pyrenaeen aus dem Hitzedunst am Horizont auf und wir fahren durch die ersten sachten Auslaeufer. Mir geben die Berge einen gehoerigen Motivationsschub und ich freue mich richtig auf die naechsten Tage. Die anderen sind mit meinem Wegfindealgorithmus die hoechsten Gipfel und Dickdarm-aehnlichsten (Serpentinen!) Strassen auf der Karte zu suchen und zu befahren nicht so 100Prozent einverstanden - aber auch sie freuen sich auf die Berge und das wird schon noch ;-)

Wir pluendern noch eben schnell nen Supermarkt gerade als dieser schliesst und lassen uns dann auf einem Rastplatz im Wald fuer die Nacht nieder. Bei Kerzenlicht feiern wir mit unserem Wein das Erreichen der Berge und Annas erfolgreichen Studiengangwechsel und palavern wieder bis mitten in die Nacht.

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2004-09-06

France

(Richard:)

Glueckselig sank ich nach Abendessen und den Mega Wellen ( so geil hatte ich mir das nie vorgestellt! Unfreiwillige Rueckwaertssalti unter Wasser - oh yeah! ) in tiefen Schlaf, auch wenn es eigentlich viel zu warm war. Mitten in der Nacht wurde ich wach und wunderte mich, wie sehr das Zelt wackelte. Einige dunkle Wolken waren aufgezogen und es war deutlich kaelter geworden. Verschlafen standen wir auf um dann doch vielleicht mal das Ueberzelt aufzubauen. 5 Minuten spaeter klammern wir uns verzweifelt an die Zeltplane und sind froh, wenn uns die Heringe nicht wegfliegen. Naechstes Problem war es, dass Ueberzelt im Sandboden mit Heringen festzumachen - ein Ding der Unmoeglichkeit bei dem Sturm. Nur mit Soerens Hilfe, Sturmleinen und halben (naja viertel) Baumstaemmen als Heringen gelang es uns das Zelt einigermassen sturmsicher zu machen.

Morgens war das ganze ein uriger Anblick: Fahrraeder als Windbrecher, herausgerissene Heringe, Ortlieb Taschen zur Zeltstabilisierung und saemtliche Fussspuren vom Vortag verwischt. Leider hatten wir keine Nahrungsmittel mehr, also kein Fruehstueck. Ich versuchte einen fruehen Aufbruch zu initiieren, packte meine Sachen aufs Fahrrad und ging zum Spuelen zum Meer - wir hatten ohnehin nur noch 1 Liter Suesswasser als Gesamtvorrat.

Ich bereute es schnell, in meinen Radsachen gekommen zu sein, da diese durch hohe und unberechenbare Wellen schnell durchnaesst waren. Zum Spuelen eignete sich der hohe Wasserdruck und die Sandreibung hingegen sehr gut. Dann tauchte Paparazzi Anna auf, schoss wahllos Fotos, verbreitete Stress und triezte mich solange, bis wir gemeinsam nackt in den Atlantik sprangen - von einem menschenleeren Sandstrand aus wohlgemerkt.

Die Fahrt zum Fruehstueck war unangenehm: Hunger, heiss, uebermuedet, immer wieder Enttaeuschung, weil die Stranddoerfer keinen Supermarkt hatten. Wie in Trance radelte ich, den Blick nur auf die 5 Meter vor mir gerichtet, stumpf und dumpf voran. Koerperliche Anstrengung verbunden mit Hunger macht aus gestandenen Menschen vermutlich wirklich unzurechnungsfaehige Halb-Wahnsinnige? Nach 25km ist dieser Zustand erreicht, zumal wir wieder einmal in einem Stranddorf stehen, dessen einziger Supermarkt fuer immer geschlossen hat.

Entnervt gehen wir folglich fuer gutes Geld essen. Alles laeuft typisch suedlaendisch "zaeh wie Kaugummi" ab und wir sind froh als wir unsere Hauptmahlzeiten und Eisbecher verzehrt haben. Wirklich satt bin ich wie am Abend des Vortags aber immer noch nicht.

Wir treffen ein deutsches Reisepaerchen samt 20 monatigem, weiblichen, Anhang und kommen ins Gespraech. Erwartungsgemaess sind die beiden alte Hasen, die sich mittels Alaska-Feuerland Route u.ae. bereits die Hoerner abgestossen haben und jetzt mit dem Kind nur noch nach Lust und Laune Hin und Her duempeln. Neidisch sind sie aber dennoch, besonders auf Soeren. Wir unterhalten uns noch nett, sie geben Tipps und Empfehlungen zur Afrika Durchquerung und verabschieden sich dann. Coole Leute waren das, vor allem ein dickes RESPEKT fuer die Reise mit Kleinkind.

Wir gurken weiter und ich male mir aus, was wir im naechsten grossen Supermarkt alles kaufen werden. Anna und Soeren sind zu meinem Missfallen allerdings im Duempel Modus und halten an einem Weinstand und spaeter noch an einem Badesee (Anm Soeren: _in_ einem Badesee!). Der Weinstand soll wohl sehr lustig gewesen sein und angeblich habe Soeren den Unterschied zwischen 2 Jahrgaengen schmecken koennen, sowie einen Wein erstanden, von dem man sich nicht direkt schuetteln muss... Nunja.

Irgendwann mal kommt dann auch der langersehnte Supermarkt und ich kann mich satt essen! Ein Hoch auf die Konsumgesellschaft! Danach verfahren wir uns noch und verlieren den Radweg und campen schliesslich in Anbetracht der spaeten Stunde mitten auf einem Waldweg. Thought of the day: Frankreich scheint keine ausgepraegte Raucherkultur zu haben: kaum Kippen, keine Zigaretten im Supermarkt, keine Zigarettenautomaten. Sehr angenehm!

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2004-09-05

France

(Anna:)

Hunger-Hitze-H2O. Das ist alles, was den Tag dominierte. Nach dem bisschen Fruehstueck heitzten wir zum naechsten Supermarkt, um noch vor Ladenschluss, welcher gegen Mittag zu befuerchten war, da Sonntag, unsere gegen Null gehenden Vorraete wieder aufzustocken. Leider begegnet man an Radwegen keinen Hypermarches, die einfach alles haben und so erstanden wir nur Basisverpflegung.

Bald schon hatte ich HUNGER und wir liessen uns an einem der Badeseen der Gegend nieder, um zu speisen. Ich stuerzte mich danach dankbar ins kuehle H2O, da die HITZE sich seit Ende des taeglichen Regens staendig steigerte. Aus unerfindlichen Gruenden verzichten die Jungs aufs kuehle Nass.

Weiter gings auf dem Radweg, der sich einiger Huegel erfreute. Das Motto hiess: nur nicht stehenbleiben, denn sonst lief der Schweiss wie H2O. Nur der Fahrtwind in Verbindung mit nackten Oberkoerpern linderte die unertraeglich HITZE. Etappenziel war Mimizan, der Ort, in dem Torsten im letzten Jahr war und in dem Zusammenhang den von Richard viel zitierten Spruch: "Frankreich iss ja sso schoeoen!!!" schuf.

Als unseren Weg ein zweites natuerliches H2O Reservoir, randvoll mit kuehlendem Nass kreuzte, konnten selbst die Harten unter uns nicht mehr an sich halten. Abkuehlung! Ein paar Kilometer vor Mimizan setzte erneut der HUNGER ein.

Erstmals hatten wir, besonders scheinbar ich, zu wenig gegessen. Soerens Notration Nuesse ueberbrueckte die Zeit bis zum Abendessen. Wir radelten gewohnheitsgemaess ein ganzes Stueck aus der Stadt hinaus und suchten uns, dank Scout Soeren, einen Lagerplatz direkt hinter der Duene.

Die HITZE war etwas geringer geworden. 38C war der Hoechstwert auf Soerens Tacho beim Fahren! Zuerst wollten wir natuerlich endlich zum Meer, welches wir seit ewigen Kilometern nur hoeren, nie aber sehen konnten. Wir malochten uns ueber die Duene und wurden fuer jeden gefahrenen Kilometer und die HITZE belohnt. Ein traumhafter Sandstrand und besonders beeindruckende Formen des H2O. Klares Wasser und super Wellen.

Ungeduldig machten wir die obligatorischen Fotos und stuerzten uns in die Fluten. Wenn ich schon begeistert war, dann waren die anderen hysterisch. Die Wellen rissen einen ohne weiteres von den Fuessen und warfen einen hoehnisch auf den Sand, nur, um dann unerbittlich zu saugen und erneut zuzuschlagen. Koestlicher Anblick fuer den, der gerade auf dem Trockenen stand. Bis auf entfernt Promenierende hatten wir den Strand ganz allein fuer uns. Erschoepft und die Badehosen (+BH) voller Sand schleppten wir uns fort vom H2O - Inferno.

Die HITZE war gerade auszuhalten, 30C um 2100Uhr. Krass. Richard hatte, kaum waren wir am Lager, den totalen Knock out. Das war zuviel des Guten. Das Abendessen baute ihn wieder auf und erledigt streckten wir uns auf unsere Isomatten.

Zu erwaehnen sind zudem noch unsere Begegnungen des Tages. Zuerst einmal ein Paerchen aus Muenster, welches mit Bulli durch die Lande zog. Etwas seltsames Gelaber, Muenster-Insider durchgeprueft. Spaeter trafen wir zwei Hollaenderinnen auf Bikes, die uns eine Sackgasse ersparten und scheinbar genauso gar waren von der HITZE wie wir.

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2004-09-04

France

(Sören:)

Zum Fruehstueck halten wir im Schatten der Baeume an einem Picknicktisch und machen uns Pfannenkuchen. Nach einigem Gezische sind wir dann zu zwei Stunden Rumlungern verurteilt, weil die kleine Touri Hafenfaehre, die uns ueber die Bucht bringen soll, so einen loechrigen Fahrplan hat.

Immerhin treffen wir auf dem Pier Fabian, der mit seinem alten klapprigen Damenrad den kompletten Pilgerweg bis Santiago de Compostella abfahren will. Sein Gepaeck ist auf den Fahrradkorb und einen Rucksack verteilt. Ein Topf baumelt aussen dran. Er vertraut fest darauf, dass es nicht regnen wird.

Die Faehrueberfahrt ist nicht nur teuer, spaet und kurz, sondern auch richtig Arbeit, da wir unser ganzes Gepaeck abnehmen und einzeln aufs Boot hiefen muessen. Die Raeder werden aufs Vordeck gewuchtet. Am gegenueberliegenden Kai gibt es nicht einmal eine Rampe, sondern nur eine schmale Treppe, die wir per gekonnter Menschenkette meistern.

Wir machen halt an der "Dune de Pyla" und erklettern sie. Eine riesige Duene aus makellos weissem Sand, die sich 100m hoch steil aus dem Wasser erhebt und eine fantastische Aussicht auf das Meer auf der einen und endlose gruene Waelder auf der anderen Seite bietet. Ein echt beeindruckendes Naturkunstwerk und irgendwie unwirklich. Oben pfeift ein Wind, dass man wie mit einem Sandstrahler von feinen Koernchen abgerieben wird. Auf dem Boot hing ein Satellitenfoto der Gegend auf dem die Duene sich selbst neben den hunderten von Kilometern von breitem, weissen, schnurrgeraden Sandstrand noch deutlich als uebergrosser Sandfleck abzeichnet.

Wir zelten im Wald, welchen wir mit dem erneut Probleme bereitenden Benzinkocher fast abfackeln bevor wir uns doch noch irgendwie ein Abendessen brutzeln koennen. Es wird wieder bis spaet in die Nacht hinein philosophiert ueber Kinder (-kriegen), Familie, Gesellschaft, Uni, und warum Richy so einen wahnsinnig inkompetenten Macho abgibt und eigentlich sowieso kein Mann ist ;-)

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2004-09-03

France

(Richard:)

Eigentlich sollte es ein Wasch-, Internet-, Einkaufs- und Chilltag werden, aber es sollte alles nicht so funktionieren, wie wir wollten. Es fing damit an, dass die Waschmaschinen Waschpulver benoetigten, das weder wir noch die Rezeption vorraetig hatten. Als ich dann so ueber den Campinglatz lief, um jemanden zu fragen bzw zu schnorren, musste ich feststellen, dass der gesamte Platz geradezu gespenstisch ausgestorben war und die wenigen, die man antraf, waren alle nur franzoesischsprachig. Anna stellte zu ersterem die Theorie auf, dass die meisten Zelte voller Leichen sein muessen, da die Camper bestimmt alle in der vorherrschenden Gluthitze geroestet worden seien.

Was mich auch zum naechsten Punkt bringt: Soerens 26km Spazierfahrt in der Gluthitze. Es war geplant, dass Soeren ein Internet Cafe sucht, dort bleibt, wir Waschpulver organisieren und waschen und ihn dann abholen. Durch geschicktes Zusammenwirken von Fehlinformationen, der franzoesischen Mittagspause und kuriosen Oeffnungszeiten schaffte es Frankreich aber wiedereinmal den ahnungslosen Radreisenden hinters Licht zu fuehren. Dementsprechend traf Soeren einige Zeit spaeter unverrichteter Dinge wieder auf dem Campingplatz ein ( Anm Soeren: das ist nicht ganz wahr, immerhin hab ich durch Hausieren gehen Waschpulver schnorren koennen ).

Nachdem unsere Waesche getrocknet war, machten wir uns in den anderen Nachbarort auf, um dort ein Internet Cafe zu suchen. Da wir erst die Oeffnungszeit abwarten mussten, wurden wir wiedereinmal Zeuge, wie hilflose Touristen bei der staedtischen Bibliothek und dem Tourismusbuero vor verschlossenen Tueren standen. Kollektives Leid verursacht durch schlechte Organisation...

Einmal betreten, stellte sich das Internet Cafe als ziemlicher Flop heraus. Zum einen funktionierte die Abrechnung per Muenzeinwurf und das Ganze kostet 6Euro pro Stunde, zum anderen gab es nur franzoesische Tastaturen. Zwar konnte man nach einigem Gefuddel das Tastenlayout auf Englisch (oder Deutsch) umstellen, aber mit den Sonderzeichen ist es dann auch so eine Sache...

Folglich steht bald mal ein Hochlade und Tippmarathon von ueber 40 Tagen Reise an - autsch! Einzig erfreulich war das Treffen eines anderen Radreisenden aus Paris, der aber nur aeusserst schwer verstaendliches Englisch sprach und sich deshalb recht schnell wieder gen Marokko auf den Weg machte. Zu guter letzt fahren wir bei unglaublich diesigem Wetter den ausgezeichneten Strandradweg weiter und bauten unser Lager vor einer Riesenduene auf. Fahren bei dem Wetter war - wie Soeren so schoen sagte - "als sei die Brille permanent beschlagen".

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2004-09-02

France

(Anna:)

Den ganzen Tag folgen wir dem Radweg Richtung Sueden. Vor uns liegen 200km Sandkueste. Der Weg fuehrt durch endlose Pinienwaelder hinter den Duenen. Eine traumhafte Landschaft und die Autos koennen wir fast an einer Hand abzaehlen, sofern sie ueberhaupt auf unserer Strecke zugelassen sind. Immer wieder begleitet unseren Weg der Pilgerpfad nach Santiago de Compostela und ich stelle mir vor, wie es wohl vor Hunderten von Jahren gewesen sein muss, hier entlangzuwandern.

Darueber hinaus stelle ich fest, dass sich das sandige Gelaende, die von Feuerschneisen durchzogenen Waelder und die Ruhe und Einsamkeit der Gegend ideal zum Durchwandern auf dem Pferderuecken eignen muss. Da wir uns ueber den Verlauf des Radwegs keinesfalls im Klaren sind und waghalsige Spekulationen aufstellen darueber, wie ein Radwegkonstrukteur denkt, spreche ich todesmutig einen Entgegenkommenden auf Franzoesisch an. Wir haben Glueck: Er spricht Deutsch UND hat eine Karte ueber den Radwegverlauf.

Obgleich wir uns am Abend noch ueber Doping und die Folgen ausgelassen haben, dopt Soeren sich Edible Rock auf die Ohren und zischt auf der zunaechst schnurrgeraden Strecke voran. Im ersten Dorf kaufen wir nur ein paar Postkarten und zischen dann weiter, da der Supermarkt erst um 1700Uhr wieder oeffnet. Laecherlich! Franzosen und ihre Mittagspause gehen uns ohnehin auf den Zeiger. Wir zischen also ohne unser gewohntes zweites Fruehstueck weiter durch herrliche Pinienwald Seeluft.

Es gibt ueberall massig Campingplaetze, aber alles wirkt recht verlassen und es herrscht eine seltsame Stimmung. Weiterhin sind deutsche Urlauber in der Ueberzahl. Nach der Praemiere eines Einbahn Radwegs erreichen wir unseren Zielort ( Anm Soeren: Einbahn Radweg = ein Beton gegossener Radweg durch sandigen, nicht befahrbaren Waldboden, der gerade einmal 50cm breit ist - sehr geil ).

In einem Campingplatzsupermarkt kaufen wir ein und mockieren uns ueber die geringe Auswahl. Ausser Fruehstueck und Kekspause hatten wir den ganzen Tag nichts gegessen. Trotzdem sind wir nicht besonders hungrig. Unter unserer Picknickbank im Sand finde ich ein Portemonaie. Keinerlei Ausweis etc nur Bargeld und Bons. Anhand der Bons stellen wir fest, dass die Person unterwegs ist und nicht hier verweilt. Wir diskutieren Alternativen und entschliessen uns, das Geld zu behalten. Sonst tut es der naechste, denn es liegt schon laenger da. ( Anm Soeren: es geht um 40 Euro und eine nagelneue Lederpatte )

Etwas versteckt liegt der Camping Municipal. Richard und ich sind total gar und bringen wenig Verstaendnis fuer den Kerl an der Anmeldung auf, der erst zwei von uns Verwirrten Unschluessigen auf den Platz laufen laesst und Soeren dann alleine alles regeln muss. Unfaehig.

Aber egal. Wir bauen Zelte auf und sortieren Waesche. Soerens Wanderschuhe und Jacke haben zu lange nass gelagert und verpessten von ihren Trockenstationen aus den Luftraum um unser Lager. Hoffentlich haelt das wenigstens die Insekten ab oder so. Dankbar geniessen wir die Duschen und unterhalten uns noch ein wenig. Vielmehr lausche ich mal wieder andaechtig den Kanada und (Berg-) Wandergeschichten der Gebrueder. Niemand fuehlt sich gewillt oder genoetigt den Kocher anzuwerfen und Nudeln zu kochen, also geht es ab ins Bett. Uebrigens die erste laue Nacht in Frankreich.

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2004-09-01

France

(Sören:)

Wolkenloser Himmel und Gluthitze von Stunde 0 an. Wir brechen erst am fruehen Nachmittag auf, da wir zunaechst faul am Strand rumliegen und uns braten lassen. Ich hole endlich mit der restlichen Welt auf und lese "Die Saeulen der Erde" durch. Gefaellt mir ausgesprochen gut, hat seinen Erfolg verdient.

Meinen Lenker ziert seit einigen Tagen eine neue Handpuppe, die ich gefunden habe: Monsieur Drecknase.

Wir muessen fast zwei Stunden auf das Ablegen unserer Faehre warten, obwohl die Ueberfahrt gerade mal 20 Minuten dauert. Das Schiff ist voll mit deutschen Urlaubern. Die erreichte Halbinsel ist wunderschoen, mit perfekt ausgebautem, durch die Duenen verlaufendem, Radweg, der immer wieder einen Pilgerpfad kreuzt.

Gegen einen malerischen Postkartensonnenuntergang ueber dem Meer fotografiere ich eine Miniaturausgabe (ca 5m hoch) der Freiheitsstatue. In einem Waldstueckchen finden wir ein Heim fuer die Nacht und bei Kerzenlicht wird mal wieder bis in die fruehen Morgenstunden gelabert - viel zu lange habe ich Mitreisende und Gespraechspartner vermissen muessen.

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